Sonntag, 24. November 2024
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Nur die Wirtschaft kann Europa wieder fit machen

Geht‘s der Wirtschaft gut, geht‘s uns allen gut – diesem Slogan der Wirtschaftskammer Österreich ist  eine beinahe ewige Strahlkraft nicht abzusprechen, selbst wenn er nicht hundertprozentig korrekt ist. Denn sobald Unternehmen wie Praktiker oder Dayli bankrott gehen, bleiben tausende Arbeitnehmer ohne Job sowie zahllose Gläubiger auf der Strecke, denen es gar nicht so gut geht. Dennoch steht eines fest: Nicht die Politiker werden die Europäische Union wieder fit machen können, das bleibt schon der Wirtschaft im EU-Raum vorbehalten.

[[image1]]José Manuel Barroso, Angela Merkel, Francois Hollande und wie sie alle heißen mögen sich noch so geschickt als Troubleshooter in Szene setzen, doch das Einzige, was sie zu Stande bringen, ist die Verteilung von öffentlichen Geldern bei angeblichen Rettungsaktionen. Für die Schaffung neuer Arbeitsplätze und die Ankurbelung der Konjunktur hingegen sind erfolgreiche Unternehmen zuständig.

In diesen heißen Tagen ist erstmals so etwas wie Optimismus spürbar geworden – unmissverständliche Indizien, dass es mit der EU nach der ungewöhnlich langen Krisenphase allmählich doch wieder aufwärts gehen könnte. Die führenden Konzerne, die im Benchmarkindex Stoxx Europe 600  gelistet  sind, haben überwiegend ziemlich erfreuliche Halbjahres-ergebnisse veröffentlicht und speziell für das zweite Quartal in mehrfacher Hinsicht solide Zuwächse vermelden können. Frohe Botschaften in Rekorddimensionen waren beispielsweise von den deutschen Autoriesen VW und Daimler, von der französischen Baugruppe Vinci oder der italienischen Generali-Versicherung zu vernehmen. Auch rot-weiß-rote Aushängeschilder wie die OMV und Semperit konnten mit höchst erfreulichen Fakten aufwarten. Kurzum: Vielfach wurden Umsatzprognosen deutlich übertroffen, die Gewinne wieder gesteigert, die Investitionen angekurbelt und da und dort auch weitere Jobs geschaffen.

Namhafte Ökonomen aus mehreren Ländern sind bereits so mutig, um aus einer Reihe von positiv besetzten aktuellen Wirtschaftsdaten zu folgern, dass sich die konjunkturelle Erholung etwa in der Eurozone verstärkt, dass es bereits im dritten Quartal 2013 grosso modo wieder Wachstum geben könnte und dass sich die so herbeigesehnte Trendwende endlich abzeichnet. Insbesonders für Europas Krisenherde in Südeuropa sind die Aussichten deutlich weniger trostlos als noch vor ein paar Monaten: In Portugal und Spanien etwa ist ein deutlicher  Schub seitens der Exportindustrie  zu registrieren,  sodass die  Handelsbilanzdefizite auf Grund gestiegener Auslandsnachfrage  schmelzen. Selbst in Griechenland, das seit 2008 ein Fünftel seiner Wirtschaftskraft verloren hat, ist nach jahrelanger Rezession ein – wenn auch noch schwacher – Hoffnungsschimmer am Ende des Tunnels zu erkennen. Die griechische Wirtschaft schrumpfte zwar im zweiten Quartal noch immer, jedoch so gering wie schon lange nicht. Trotz der unübersehbaren Fortschritte auch bei der Budgetsanierung gibt es für Euphorie freilich keinen Anlass: Die Arbeitslosenquote beträgt fast 28 Prozent, sodass der Konsum nicht und nicht anspringen kann. Dieses Problem macht indes nicht nur den Krisenländern zu schaffen, sondern etwa auch Deutschland, wo seitens der Verbraucher zu wenig Impulse spürbar und die Umsätze im Einzelhandel daher nach wie vor rückläufig sind.

Mehr denn je sind Macher gefragt

Wenn es allerdings stimmt, dass Europa das Schlimmste schon überstanden hat, dann sind in erster Linie die Wirtschaftskapitäne gefordert, kräftig Gas zu geben. Von ihnen hängt es nämlich weitgehend ab, wie rasch die Krise nachhaltig bewältigt wird. Das ist jedenfalls die Stunde der Wahrheit, weil sämtliche CEOs mitsamt ihren Strategien auf dem Prüfstand stehen und ihre Fähigkeiten in den Quartalsberichten dokumentiert werden. Auf harte Zeiten müssen sich freilich jene Konzernbosse gefasst machen, die so wie der kürzlich geschasste Siemens-Chef Peter Löscher herzlich wenig zu Stande bringen. Der gebürtige Österreicher, der seit 2007 inklusive seiner Abfindung astronomische 65 Millionen Euro kassieren durfte, schickte zwar 100.000 der früher insgesamt 470.000 Mitarbeiter in die Wüste, war aber ansonst als Branchenfremder offensichtlich heillos überfordert: Sinnlose Zukäufe, etliche Fehlentscheidungen, zu wenig Gespür für Wachstumschancen – das alles führte dazu, dass der Aktienkurs des deutschen Paradekonzerns um 20 Prozent absackte, die Wachstumschancen etwa in den Schwellenländern zu wenig erkannt wurden und das bislang tadellose Image des Unternehmens obendrein unschöne Kratzer bekam.

Ratlose, zaudernde Führungskräfte wie Peter Löscher haben daher in Zeiten wie diesen ein baldiges Ablaufdatum. Gefragt sind vielmehr dynamische, engagierte und kreative Macher, die auf den Weltmärkten mit ihren Produkten ähnlich gute Figur machen wie ein Weltmeister in lateinamerikanischen Tänzen. Führungskräfte, die ihre Belegschaft zusammenschweißen und zu Höchstleistungen animieren anstatt sie ständig mit Sparprogrammen und Changeprozessen in Angst und Schrecken zu versetzen. Die nicht nur – so unumgänglich das bisweilen auch sein mag – Personal abbauen möchten, sondern mit großer Lust auch neue, vielversprechende Marktpositionen aufbauen können. Europa braucht derzeit aber nicht bloß erstklassige Konzernlenker, sondern auch jede Menge tüchtiger Unternehmer und Topmanager von Mittel- und Kleinbetrieben. Auch diese können einen riesigen Beitrag leisten, dass es mit der EU in wirtschaftlicher Hinsicht wieder aufwärts geht. In Österreich beispielsweise sind die meisten der insgesamt  44.000 Exportfirmen nicht in der Milliarden-Liga angesiedelt, sondern weit darunter. In Summe sind sie jedoch – sofern ihre Performance passt – mindestens genau so wichtig wie die allseits bekannten Größen à la Voestalpine, Andritz und Konsorten, die sich regelmäßig für ihre Deals medial feiern lassen. Ohne KMU würde der österreichischen Wirtschaft jedenfalls nicht ein Exportrekord nach dem anderen gelingen.

Wir können nunmehr zusammenfassen: Europas Wirtschaft muss dafür sorgen, dass der Kontinent bald wieder wächst und gedeiht, indem sie neue Märkte erschließt, neue Arbeitsplätze schafft und in ausreichendem  Maße Investitionen tätigt, um konkurrenzfähig zu bleiben. Auch wenn es dann nicht automatisch allen gut gehen kann, ist das die einzige Option. Auf die europäischen Politiker sollte man sich jedenfalls nicht verlassen …

 

Bild: Rainer Sturm/ PIXELIO/©www.pixelio.de

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