Während die Staaten strukturelle anstatt nomineller Sparziele verfolgen sollten, wird der EZB empfohlen, Negativzinsen einzuführen und Hypothekar- und Unternehmensanleihen aufzukaufen.
[[image1]]Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zeichnet in ihrem aktuellen „Outlook“ ein düsteres Bild der Eurozone. Nachdem die November-Prognose der Eurozone für 2013 lediglich ein BIP-Minus von 0,1 Prozent vorausgesagt hatte, wird mittlerweile ein Rückgang um 0,6 Prozent erwartet, und auch für 2014 wurde der BIP-Anstieg in der Projektion von 1,3 auf 1,1 Prozent zurückgenommen.
Das größte Problem sei die nach wie vor steigende Arbeitslosigkeit, Europa drohe eine anhaltende Stagnation, die stark negativ auf die Weltwirtschaft ausstrahlen könne. Zu den wechselwirkenden Risiken eines schwachen Bankensektors und den hohen Refinanzierungsbedürfnissen der schwachen Staaten, komme nun zusätzlich ein „Exit-Risk“, womit die OECD-Ökonomen die Gefahr meinen, dass weniger die EZB sondern vor allem die USA ihre lockere Geldpolitik zu rasch beendet und dadurch auch in Europa einen Finanzcrash hervorruft.
Derlei sei laut OECD beispielsweise 1994 vorgefallen, als die Zinsen für Staatsanleihen weltweit im Schnitt um zwei Prozentpunkte angestiegen waren nachdem die USA ihre lockere Geldpolitik überraschend beendet hatte, damals allerdings mit nur geringen negativen Folgen für die Weltwirtschaft, die sich zu diesem Zeitpunkt gerade auf den New Economy-Boom vorbereitete.
„Argumentierbar, dass die Sparmaßnahmen besser weniger stark ausgefallen wären“
Zur Kontroverse, ob die massiven Sparmaßnahmen in den Krisenländern und im Zentrum für die üble Lage Europas verantwortlich seien, stellt die OECD zwar fest, dass die Einsparungen in Europa so wie in den USA in Summe jeweils bei knapp vier Prozent des BIP gelegen wären, weshalb die OECD Zweifel daran anmeldet, dass tatsächlich die übermäßigen Sparmaßnahmen für das im Vergleich mit den USA schwache Abschneiden Europas verantwortlich seien.
Allerdings stellt die OECD dezidiert fest, dass … „Angesichts der weiteren negativen Faktoren, wie dem schwachen Finanzsystem und dem (fehlenden) Vertrauen, könnte im Nachhinein argumentiert werden, dass die Sparmaßnahmen der vergangenen drei, vier Jahre besser weniger stark ausgefallen wären“, was für die OECD auch schon eine Art von Dammbruch darstellt.
So scheinen der OECD die Unruhen in den europäischen Strassen offenbar nicht entgangen zu sein: „Da aber Frankreich sowie die meisten Länder, die unter dem Druck der Finanzmärkte stehen, in den nächsten beiden Jahren gemessen am Sozialprodukt im Schnitt weitere 2,5 Prozent einsparen wollen, wird die soziale Akzeptanz der Sparmaßnahmen einem ernsten Test unterzogen werden“. Die OECD empfiehlt daher die „automatischen Stabilisatoren“ (Staatsausgaben die bei einbrechender Konjunktur ansteigen wie z.B. Arbeitslosenhilfen) ungehindert arbeiten zu lassen und sich keine „nominellen“ sondern „strukturelle“ Ziele zu setzen – womit die OECD wohl sagen will, dass die allseits prognostizierten Rückgänge der Staatsdefizite bei der absehbaren Konjunkturlage kaum realistisch sind.
Folglich sollten die Staaten langfristig wirksame Weichenstellungen vornehmen und die kurzfristigen Defizite dabei weniger beachten. Darüber hinaus sollten die Budgetziele weniger über Steuererhöhungen und mehr über Einsparungen erzielt werden. Dabei liege der europäische Schnitt bei rund 50 Prozent, während Frankreich von 2009 bis 2012 mehr als 90 Prozent seiner „Einsparungen“ über Steuererhöhungen erreicht hat und Holland bei 60 Prozent liege.
OECD empfiehlt EZB Negativzinsen und KMU-Förderung
Die Eurozone benötige demnach eine lockerere Geldpolitik, was für die OECD bedeutet, dass die EZB Negativzinsen auf Reserven einführt und zumindest die Over-night-Rate unter Null senkt. Darüber hinaus sollte die EZB Anleihen mit realwirtschaftlichem Bezug wie etwa Hypothekaranleihen oder mit Krediten an Klein- und Mittelbetriebe unterlegte Anleihen aufkaufen, sowie ihre „forward guidance“ einer anhaltend lockeren Geldpolitik beibehalten und versprechen, an die Banken für mindestens ein Jahr weitere unbeschränkte Fixzins-Tender zu vergeben. Weil die Summe der ausstehenden realwirtschaftlich unterlegten Anleihen aber zu niedrig sei, sollte die EZB zudem weiter Eurozonenstaatsanleihen aufnehmen, dieses Programm aber dezidiert von den Programmen unterscheiden, bei denen die EZB als „Buyer of Last Ressort“ für die Eurozonestaaten auftritt. Die EZB könnte zudem auch Unternehmensanleihen übernehmen oder Programme initiieren, die wie in Japan und Großbritannien die Kreditvergaben an Mittelbetriebe erleichtern.
Österreich: Hoffnung auf Wachstum aus eigener Kraft
Dass die OECD auch den Wachstums-Ausblick für Österreich von 0,8 Prozent auf 0,5 Prozent zurückgenommen hat, liegt indes allein am weiter eingetrübten europäischen Umfeld. Immerhin werden für 2014 weiterhin 1,4 Prozent Wachstum vorausgesagt, so dass die Arbeitslosigkeit nun geringfügig ansteigen, ab Mitte 2014 aber wieder zurückgehen werde. Budget und die Einsparungen wären gut ausbalanciert, wobei zwar noch Kosten für die Bankenrettung anfallen werden, diese sollten aber jedenfalls mit Staatsschulden refinanziert werden, um den fragilen Aufschwung nicht zu gefährden. Wie in Deutschland empfiehlt die OECD steigende Arbeitseinkommen und Erleichterungen für Einfuhren aus den europäischen Krisenstaaten. Letztlich billigt die OECD Österreich als einem der wenigen Staaten in Europa durchaus gute Chancen auf positive Überraschungen zu, die – sollte die makroökonomische Lage in Europa stabil bleiben – vom privaten Konsum oder den Investitionen der privaten Unternehmen getragen werden könnten.