Donnerstag, 26. Dezember 2024
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Österreich will neue Gesichter zur EU entsenden

Bild © Creative Commons Pixabay (Ausschnitt)

Die nächste EU-Parlamentswahl findet zwar erst im Mai kommenden Jahres statt, aber schon jetzt wird bei den drei großen Parteien über mögliche personelle Revirements beraten.

Seit dem Abschied von Hannes Swoboda vom Europäischen Parlament im Frühsommer 2014, der zuletzt Vorsitzender der Sozialdemokratischen Fraktion war, sowie von Jörg Leichtfried, der im Juni 2015 von Straßburg an die Spitze des Verkehrsministeriums nach Wien wechselte, fehlt der SPÖ ein prononcierter Europapolitiker. Der ehemalige ORF-Redakteur Eugen Freund, der vor der letzten EU-Wahl als Quereinsteiger die SPÖ-Riege verstärken sollte, führt im EU-Parlament ein Schattendasein. Und er wird, zumal auch schon längst pensionsreif, nicht mehr kandidieren.

Schieder erste Wahl

Nun will die SPÖ aus der Not eine Tugend machen. Nachdem die SPÖ seit 111 Tagen nicht mehr die Regierungs- sondern die Oppositionsbank drückt, aller Regierungsämter verlustig wurde, wird nun die Position des Klubobmannes gleich von zwei Personen besetzt. Nämlich vom bisherigen Klubchef Andreas Schieder und dem SPÖ-Parteivorsitzenden Christian Kern. Diese Doppelbesetzung ist jedenfalls keine Dauerlösung. Wie es scheint, dürfte Kern doch nicht wieder einen Posten in der Wirtschaft anstreben sondern der Partei doch länger erhalten bleiben. Er selbst will sie bei den Wahlen 2022 wieder zurück auf den Ballhausplatz bringen. Dafür soll aber nun Schieder im kommenden Jahr als Spitzenkandidat bei der EU-Wahl ins Rennen geschickt werden. Er würde damit gewissermaßen in die Fußstapfen seines verstorbenen Vaters Peter treten, der ein leidenschaftlicher Europarats-Politiker war.

Erneuerung der VP-Fraktion

Bei der ÖVP, wo Othmar Karas 2019 bereits seine 20-jährige Angehörigkeit im Europäischen Parlament feiert, gibt es auch Überlegungen, einen neuen Spitzenkandidaten zu präsentieren. So sehr Karas sich auf europäischer Ebene einen exzellenten Ruf erworben hat, mit seiner Partei liegt er immer wieder im Clinch. So erst zuletzt, als sich die Regierung entschloss im Zuge des vermeintlichen Anschlags auf einen russischen Doppelspion und seine Tochter, keine russischen Diplomanten auszuweisen. Karas, dem die Solidarität mit der EU vor jener mit Österreich geht, meinte hingegen, dass sich Sebastian Kurz & Co. dem mehrheitlichen Vorgehen der EU hätte anschließen sollen. Seither hängt der Haussegen in der ÖVP wieder einmal schief.

Innerhalb der Volkspartei wird nunmehr nachgedacht, im kommenden Jahr die derzeit fünfköpfige EU-Parlamentarierriege zu erneuern. Wenngleich Karas intern erklärt, sollte er nicht als Spitzenkandidat nominiert werden, so würde er sich überhaupt zurückziehen, ist sich die Parteiführung nicht ganz sicher, ob dem auch so ist. Karas verfügt mit seinem so genannten Bürgerforum über eine nicht unerhebliche Lobbying-Truppe. Und schon einmal, 2009, als der damalige ÖVP-Obmann Josef Pröll ihm den Ex-Innenminister Ernst Strasser vor die Nase stellte, organisierte Karas eine Vorzugsstimmenkampagne, die ihm das Mandat und der ÖVP den ersten Platz sicherte.

Belohnung für Senioren

Einer, der sich Hoffnung auf einen politischen Aufstieg macht, ist der Niederösterreicher Lukas Mandl. Er bekam im vergangenen Jahr, nachdem Elisabeth Köstinger zunächst an die Spitze des Parlaments und dann in die Regierung berufen wurde, das freigewordene Mandat im EU-Parlament. Seither versucht er vor allem in den Social Media auf sich aufmerksam zu machen. Kein Tag vergeht ohne Posting. Manchen ist Mandl bereits zu umtriebig. Das könnte eine Chance für Heinz Becker werden. Der Generalsekretär des Seniorenbundes hat durch sein ruhiges, aber bestimmtes Engagement viel Sympathie gewonnen und gilt als ein ruhender Pol innerhalb der EU-Fraktion. Für ihn könnte als möglicher neuer ÖVP-Delegationsleiter die Tatsache einer gewissen Bringschuld durch Parteiobmann Sebastian Kurz sprechen. Der Seniorenbund ist mittlerweile die größte ÖVP-Teilorganisation und sie hat der ÖVP bei den bisherigen Wahlen im Durchschnitt an die 40 Prozent der Stimmen gebracht. Da ist schon ein „Danke“ angebracht.

Richtungsentscheidung der FPÖ

In der FPÖ hängt derzeit vieles vom Verlauf einer Richtungsdebatte ab. 2014 hat die Partei mit ihrer EU-kritischen Linie gepunktet. Daraus resultierte auch die Zugehörigkeit zur rechtspopulistischen Fraktion „Europa der Nationen und der Freiheit“. Nun ist die FPÖ aber Teil einer Regierung, die sich zu einem pro-europäischen Kurs bekennt. Eine Entscheidung über den künftigen Kurs steht somit an. Dabei könnte jetzt im Zuge der FPÖ-Historikerkommission auf die europäische Tradition der Freiheitlichen Bezug genommen werden. So hatte der FPÖ-Abgeordnete Wilfried Gredler bereits 1957 (!) im Parlament den Antrag auf einen Beitritt Österreichs zur damaligen EWG gestellt. Erst unter Jörg Haider wurde aus parteipolitischen Gründen, um sich von der SPÖVP-Regierungslinie abzugrenzen, auf einen EU-kritischen Kurs umgesattelt. Haider gilt zwar noch immer als ein Wegbereiter für den Aufstieg der FPÖ von einer Klein- zu einer Mittelpartei, die heutige Parteiführung hält aber zu ihm mittlerweile Distanz. Da spielt die Abspaltung des BZÖ ebenso eine Rolle wie die Tatsache, dass man mit dem Hypo-Alpe-Adria-Desaster wenig zu tun haben möchte.

Wieder eine Schicksalswahl steht den Grünen ins Haus. Ihnen fehlen aber nicht nur auf nationaler sondern auch auf internationaler Ebene die notwendigen Persönlichkeiten. Vor allem nach dem Abgang von Ulrike Lunacek, die ihren Posten als Vize-Präsidentin des EU-Parlaments im vergangenen Jahr zurücklegte, um Spitzenkandidatin bei der Nationalratswahl zu spielen. Nun ist sie überhaupt von der Bildfläche verschwunden. Werner Kogler, der sich gerade um eine Wiederbelebung der Grünen bemüht, sieht für die Europa-Wahl nur dann grün, wenn es gelingt, einen Quereinsteiger mit klingendem Namen zu finden. Auf der Wunschliste steht ein Künstler oder ORFler.

EU-Kommissar für Südost-Europa-Strategie?

Im Zuge der EU-Ratspräsidentschaft will Österreich auch eine Reform der EU zur Sprache bringen. Dazu gehört unter anderem der Vorschlag für eine Reform der Kommission. So sollte nicht mehr automatisch jedes Land über einen eigenen Kommissar verfügen sondern die Zahl von 27 (nach dem Brexit) auf etwa 15 reduziert werden. Wie es derzeit aussieht, dürfte es dabei vorerst beim Wunschdenken bleiben. Und Johannes Hahn dürfte eine solche Reform wohl kaum mehr treffen. Er gehört zu den wenigen Mitgliedern der EU-Kommission, die bereits zwei Legislaturperioden im Amt sind. Und er trägt sich ernsthaft mit der Absicht, eines Rückzugs. Eine Zeitlang spitzte Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter auf seine Nachfolge, er hat sich mittlerweile wieder in die Brüsseler Administration zurückgezogen. Musste er doch erkennen, dass der nächste Kommissar, den Österreich in die EU-Hauptstadt entsenden darf, weder für die Landwirtschaft noch für die EU-Erweiterung zuständig sein wird. Wien, so wird mit Nachdruck betont, sollte sich nämlich vielmehr um den Brückenschlag zu den Ländern Süd-Ost-Europas kümmern.

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