Sonntag, 17. November 2024
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OGH-Beschluss betreffend EU-Infothek / Dr. Stefanie Krisper/NEOS und PUA-Auskunftsperson Peter Barthold

Oberster Gerichtshof (OGH) / Bild © ogh.gv.at

EU-Infothek hat im Rechtsstreit gegen die NEOS vor dem Obersten Gerichtshof einen wichtigen Etappensieg errungen. EU-Infothek wird in diesem Rechtsstreit vom Advokaten Dr.Dr. Heinz-Dietmar Schimanko vertreten, der die Entscheidung des OGH wie folgt zusammengefasst hat.

RA DDr. Heinz-Dietmar Schimanko / Bild: Fotostudio Wilke

Im sogenannten parlamentarischen „Ibiza-Untersuchungsausschuss“ waren die NEOS durch ihre Abgeordnete zum Nationalrat Stefanie Krisper vertreten. Diese regte im Untersuchungsausschuss die Einvernahme des Peter Barthold als Auskunftsperson an. Nachdem Peter Barthold die Ladung vor den Untersuchungsausschuss erhalten hatte, aber vor dessen Einvernahme kam es zwischen Stefanie Krisper und ihm zu einem Treffen in den Räumlichkeiten der NEOS. Nach den Feststellungen des Handelsgerichts Wien besprach Stefanie Krisper mit Peter Barthold bei diesem Treffen auch dessen bevorstehende Aussage im Untersuchungsausschuss.

Ibiza-U-Ausschuss, Bild © Parlamentsdirektion, Thomas Jantzen / Dr. Stephanie Krisper, Bild © Parlamentsdirektion, Photo Simonis / KR Peter Barthold, Bild © Apa/Georg Hochmuth

EU-Infothek berichtete am 30.09.2020 über dieses Treffen. Die NEOS erhoben deshalb gegen EU-Infothek eine auf Unterlassung und Widerruf gerichtete Klage. Die NEOS stritten zunächst ab, dass ein solches Treffen erfolgte. Im Lauf des Verfahrens gestanden die NEOS dieses Treffen, behaupteten aber – realitätsfern – dass dabei keine Themen des Untersuchungsausschusses besprochen worden seien.

Das Handelsgericht Wien wies die Klage der NEOS ab. Das Oberlandesgericht Wien folgte in seinem Berufungsurteil der Berufung der NEOS und gab deren Klage statt. EU-Infothek rief den Obersten Gerichtshof an, der das Berufungsurteil nun aufgehoben hat.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) betont zunächst, dass Untersuchungsausschüsse einen politischen Auftrag des Nationalrats zu erfüllen haben. Sie sollen tatsächliche Verhältnisse und Vorkommnisse in Bezug auf einen bestimmten abgeschlossenen Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes untersuchen. Dazu können auch Auskunftspersonen angehört werden. Den unter Wahrheitspflicht stehenden Auskunftspersonen wird ein Verfahrensanwalt zur Seite gestellt. Dieser soll für die Wahrung ihrer Rechte sorgen. Er hat ihnen vor und während einer Befragung im Untersuchungsausschuss die Möglichkeit zur vertraulichen Beratung zu geben. Zwar ist ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss, schon weil ihm nicht das Recht zukommt, die betreffenden Vertreterinnen der Bundesregierung zur Rechenschaft zu ziehen, nicht mit einem Gerichtsverfahren, das ja auf eine Entscheidung abzielt, gleichzusetzen. Wesensähnlichkeit besteht aber darin, dass – wie im Gerichtsverfahren – das „zu-Tage-fördern“ von tatsächlichen Vorgängen durch ein regelförmig ablaufendes Verfahren (unter anderem mittels Befragung von Auskunftspersonen) bezweckt ist. Nach der Konzeption des Untersuchungsausschusses sollen die zu untersuchenden Vorkommnisse im Untersuchungsausschuss, nicht aber durch „Einzelgespräche“ mit Fraktionsvertretern von (einzelnen) politischen Parteien ermittelt werden. Diese können zwar nach dem Verfahrensrichter Fragen stellen, befinden sich aber angesichts der Beigebung eines Verfahrensanwalts für die Auskunftsperson nicht in der Rolle von deren Vertreter.

Für die Bewertung des Ablaufs und der Ergebnisse des parlamentarischen Untersuchungsausschusses durch die Öffentlichkeit spielt deren Kenntnis vom Grad der Vorbereitung zwischen den Auskunftspersonen und den Mitgliedern der im Untersuchungsausschuss vertretenen politischen Parteien eine große Rolle. Nur dann kann eingeschätzt werden, ob Fragen und Antworten im Untersuchungsausschuss „authentisches“ Ergebnis eines sich (im Untersuchungsausschuss entwickelnden) Dialogs sind, oder inwieweit beides die Folge einer bereits stattgefundenen (längeren) gedanklichen Auseinandersetzung auf Basis einer wechselseitigen Vorbereitung von Auskunftsperson und den Fragestellern ist.

Der OGH stellt fest, dass EU-Infothek sich bei ihrer Berichterstattung über das Treffen ganz zentral in der Rolle eines „public watchdog“, also in der Wächterfunktion der Medien befand. Er führt in seiner Beurteilung aus, dass EU-Infothek im Rahmen der Ausübung der Meinungsfreiheit berechtigte Kritik daran geübt hat, dass es zwischen der NEOS-Abgeordneten und der Auskunftsperson Vorgespräche mit einer Vorbereitung der Auskunftsperson auf deren Aussage im Untersuchungsausschuss gab.

Entgegen der Darstellung der NEOS hat EU-Infothek nicht unterstellt, dass seitens der NEOS versucht worden sei, die Auskunftsperson zu einer falschen Beweisaussage anzustiften, auch nicht durch das bei der Berichterstattung verwendete Wort „abgesprochen“.

Aufgabe des Berufungsgerichts ist nun, sich doch damit zu befassen, dass die NEOS in ihrer Berufung die für sie sehr unangenehme Tatsachenfeststellung des Handelsgerichts Wien bekämpfen, dass die Abgeordnete Krisper und die Auskunftsperson Barthold bei deren Treffen auch die damals bevorstehende Aussage des Barthold vor dem Untersuchungsausschuss abgesprochen haben.

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