Nicht nur in Österreich, auch auf EU-Ebene kommt es zu einem Kräftemessen zwischen Rot und Schwarz. In Deutschland wird bereits ernsthaft damit spekuliert, dass bei der nächstjährigen Bundestagswahl der derzeitige EU-Parlamentspräsident Martin Schulz gegen die amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel antreten wird. Dass in weiterer Folge, Alt-Kanzler Werner Faymann nun auch noch eine Berufung zur EU erfahren könnte, wird bloß als ein von bestimmten Kreisen gestreutes Gerücht abgetan.
Offenbar, so heißt es allenthalben, beginnen sich die europäischen Sozialdemokraten (S&D) bereits damit abzufinden, dass Schulz nicht mehr wiedergewählt wird und daher zurück in die deutsche Innenpolitik will. Nicht gerade zur Freude von SPD-Chef Sigmar Gabriel, dem freilich zur Last gelegt wird, es nicht geschafft zu haben, die Partei aus dem Schatten der CDU/CSU treten zu lassen. Von Schulz erhofft man sich mehr Durchschlagskraft und bessere Parteipräferenzen. Ob er freilich nebst seiner Bekanntheit auch Popularität besitzt, wird angezweifelt.
Schulz hat Ablaufdatum
Dass er zwar gerne auf den Tisch haut, sich bei jeder Gelegenheit in den Vordergrund rückt, ist auch in EU-Kreisen mehr als nur bekannt und nicht wirklich geschätzt. Popularität hat er sich mit seinem arroganten Stil nicht verschafft. Das ist auch mit ein Grund warum die Europäische Volkspartei (EVP) so sehr auf einen Wechsel an der Parlamentsspitze drängt. Aber auch bei den Liberalen sowie in einflussreichen Teilen der Grünen wünscht man sich eine Neuordnung an der Parlamentsspitze. Entscheidend aber ist, dass dieser Wechsel bereits zu Beginn der laufenden EU-Legislaturperiode vereinbart worden war. Und als Stichtag gilt dafür der 1. Jänner 2017.
Martin Schulz. © European Union, 2015 |
Geplanter Farbenwechsel
In weiterer Folge sollte auch der EU-Ratspräsident, derzeit wird diese Funktion vom polnischen Christdemokraten Donald Tusk wahrgenommen, ausgetauscht werden. Diesbezüglich ist aber noch Zeit bis hinein in den Frühjahr des kommenden Jahres. Verbunden mit diesem personellen Tausch sollte auch ein Farbenwechsel sein. Genau darauf pochen die Sozialdemokraten, die darauf verweisen, dass von den drei Spitzenpositionen ohnedies zwei (Kommissions- und Rats-Präsident) in den Händen der Konservativen liegen. Vergessen wird dabei allerdings, dass es eine vierte EU-Spitzenposition gibt, nämlich die Außen-Beauftragte. Und die Italienerin Federica Mogherini gehört dem S&D-Lager an, ist aber nicht nur nach Ansicht vieler Diplomaten öffentlich zu wenig präsent und auch nicht wirklich ein Aktiv-Posten.
Tusk erwarb Ansehen
Im Gegensatz zu Schulz und auch anders als erwartet, hat sich Tusk ein sehr gutes Image unter den 28 Mitgliedsstaaten erworben. Insbesondere in der an sich schwierig zu handhabenden Flüchtlingskrise. Dazu kommt, dass die so genannten neuen Demokratien, also die ehemaligen Ostblock-Staaten, nicht nur mittlerweile vor Selbstbewusstsein strotzen, sondern in der EU jedenfalls keine Außenseiterrolle mehr spielen wollen.
Faymann spielt nur als Gerücht eine Rolle
Da der Vorsitzende des EU-Rates, in dem die Ministerpräsidenten der Mitgliedsländer sitzen, ein ehemaliger Regierungschef sein sollte, haben es die Sozialdemokraten schwierig, eine geeignete Persönlichkeit zu finden. Das hat nun die Umgebung von Bundeskanzler Christian Kern auf die Idee gebracht, zu kolportieren, dass Ex-Kanzler Werner Faymann als Tusk-Nachfolger im Gespräch ist. Als diese Meldung am Wochenende in österreichischen Zeitungen auftauchte, gab es dazu in Brüssel nur eine Reaktion: „Außer von ein paar Österreichern denkt hier niemand auch nur im Leisesten an Faymann. Zudem ist auszuschließen, dass die Wahl auf eine deutschsprachige Person fällt.“
Bundeskanzler a.D. Werner Faymann (Foto © SPÖ) |
Eine Frau als Atout?
Das gilt übrigens auch für die Schulz-Nachfolge. Sicher ist jedenfalls bereits, dass die EVP am 13. Dezember eine Entscheidung bezüglich des EU-Parlamentspräsidenten treffen wird. Bis am Vortag können entsprechende Vorschläge eingebracht werden. Aufgezeigt haben übrigens bereits die Franzosen. Innerhalb des Dachverbandes der europäischen Volksparteien gibt es nun auch beachtliche Stimmen, die für eine Frau plädieren. Von den 751 EU-Parlamentariern entfallen 216 auf die EVP und noch weitere 74 auf die so genannten Konservativen. Die Sozialdemokraten verfügen über 189 Abgeordnete. Es wird daher nicht einfach werden, dass sich eine Mehrheit von 376 Politikern auf eine Person einigt. Die Kandidatur einer Frau könnte sich daher als Atout erweisen. Das Augenmerk liegt dabei übrigens auf dem Norden Europas, der auch eiunmal zum Zug kommen will.