Donnerstag, 21. November 2024
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Rätselraten um Personalpaket

Europas Staats- und Regierungschefs werden das Ergebnis der Europawahl analysieren und die Suche nach neuem Spitzenpersonal für die EU beginnen, wenn sie heute Abend in Brüssel zu einem informellen EU-Gipfel zusammenkommen.

[[image1]]Der konservative britische Premier David Cameron und der sozialistische französische Staatspräsident François Hollande, deren Parteien beide von rechten, europakritischen Kräften deklassiert wurden, wollen bei dem Abendessen nicht weniger als eine Neuausrichtung der EU einfordern. Ein „weiter so“ dürfe es nicht geben, heißt es aus der Umgebung von Cameron. Doch eine vertiefte Debatte zu diesem Thema ist nicht zu erwarten.

Zu dringlich sind die Personalfragen, mit denen sich der Gipfel beschäftigen muss. Zunächst einmal geht es darum, einen geeigneten Nachfolger für EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso zu finden, dessen Amtszeit Ende Oktober endet. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Schlüsselfigur bei den Personalentscheidungen, hat am Montag gesagt, es werde ein „europäisches Personalpaket“ geben. Darin sind auch der Posten des Ratspräsidenten enthalten, des Außenbeauftragten, des Parlamentspräsidenten und wahrscheinlich ein permanenter Vorsitzender der Eurogruppe.

Die europäischen Sozialisten haben mittlerweile eingestanden, dass das Wahlergebnis dem Spitzenkandidaten der Konservativen, dem Luxemburger Jean-Claude Juncker, das Vorrecht gibt, als erster nach einer Mehrheit im Parlament zu suchen. Für eine solche Mehrheit ist er auf die Stimmen der Sozialisten angewiesen, die er nur erhalten wird, wenn einer der ihren einen europäischen Spitzenjob erhält.

Widerstand gegen Juncker

Eine Mehrheit im Europäischen Parlament nützt Juncker allerdings nichts, wenn er zuvor nicht von den Staats- und Regierungschefs für den Posten des Kommissionspräsidenten vorgeschlagen wird. Dort kann er zwar mit der Unterstützung des österreichischen Bundeskanzlers Werner Faymann (SPÖ) rechnen. Cameron und der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban haben dagegen schon ihre Vorbehalte gegen den überzeugten Europäer Juncker angemeldet.

Cameron hat zudem angedeutet, dass weitere Staats- und Regierungschefs Juncker nicht unterstützen würden. Selbst wenn sich die Gegenstimmen nicht zu einer Blockademinderheit summieren sollten, sieht es danach aus, dass Merkel auf den Widerstand reagieren wird. Zumal sie selbst nicht erpicht ist auf Junckers Wechsel an die Spitze der EU-Kommission. Sie strebt  grundsätzlich an, einen Konsenskandidaten zu finden. Und da sie um Camerons schwierige innenpolitische Lage weiß, will sie ihm durchaus entgegenkommen, wie sie das seinerzeit bei den Verhandlungen zum EU-Haushalt schon getan hat.

Beim Personalpaket wird es – wie schon vor fünf Jahren – um Ausgewogenheit gehen. Große und kleine Länder müssen berücksichtigt werden, solche aus dem Norden und aus dem Süden, mit und ohne Euro. Und natürlich muss eine Frau mit von der Partie sein. Beim vergangenen Mal war das Catherine Ashton, die niemand auf dem Radar hatte, weil es ihr an Erfahrung in der Außenpolitik fehlte. Sie brachte zudem als Labour-Politikerin damals noch das richtige Parteibuch mit.

Weitere Namen kursieren in Brüssel

Die dänische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt (47) und die französische Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) Christine Lagarde (58) werden in Brüssel für das Amt an der Spitze der Kommission gehandelt. Der Name des  irischen Ministerpräsidenten Enda Kenny (63) fällt ebenfalls, allerdings spricht der im Gegensatz zu den vorgenannten keine einzige Fremdsprache.

Die Polen haben Anspruch auf einen der Topjobs angemeldet mit dem Hinweis, dass es zehn Jahre nach der Osterweiterung an der Zeit sei, das Land zu berücksichtigen. Außenminister Radoslaw Sikorski würde die notwendigen Kompetenzen mitbringen, wird in manchem Mitgliedsstaat jedoch als zu ehrgeizig empfunden.

Italien ist weitgehend aus dem Rennen, besetzt es mit Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) schon einen Spitzenposten. Spanien dagegen hofft bei der Neubesetzung an der Eurogruppe zum Zug zu kommen, nachdem es beim vergangenen Mal leer ausging.

Wie meistens dürften auf den letzten Metern noch andere Kandidaten ins Rennen gehen. José Manuel Barroso hatte niemand im Blick, als er vor zehn Jahren als Kompromisskandidat auftauchte.

Wenn alles nach Plan läuft, wollen die Staats- und Regierungschefs das Personalpaket beim EU-Gipfel Ende Juni beschließen. Garantieren kann das derzeit niemand.

 

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