Pünktlich zum Wechsel der Ratspräsidentschaft tritt das Europäische Umweltbüro in Szene. Die Benchmarks in Sachen Umwelt sind gefürchtet. Der Fokus der litauischen Ratspräsidentschaft ist trotz der massiven Probleme im Bereich Umweltpolitik überwiegend auf wirtschaftliche Aspekte ausgerichtet. Das EEB wirkt besorgt.
[[image1]]Reformstau im Umweltbereich: Nach der bei Reformen ziemlich zurückhaltenden Ratspräsidentschaft Zyperns war Irland an der Reihe. Die Beurteilung des Europäischen Umweltbüros EEB zeigt wenig Begeisterung, speziell die Ergebnisse im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik werden bemängelt. Fehlgeleitete Subventionen gelten als Schwachstelle der GAP, der eklatante Reformstau unterminiert jeden Fortschritt. Ähnlich problematisch beurteilt das EEB das Umweltbudget. Von wegen Grüne Reform, die Budgetaufstockung für den der LIFE-Fonds ist erneut verschoben, Umweltschützer toben. Beifall gibt es für ein gelungenes 7. Umweltaktionsprogramm und die ambitionierten Bemühungen im Bereich der Fischereipolitik. Nachhaltigkeit und Emissionen lassen ebenfalls erste positive Entwicklungen erkennen.
Viele offene Fragen
Klima und Energie beurteilt das EEB ebenso unausgegoren wie die Problematik chemischer Giftstoffe, Cadmium und Co. bleiben uns vorerst enthalten. Zur Entlastung Irlands sei vermerkt, dass ausgerechnet die Kommission in einigen Punkten eine sehr undurchsichtige Position eingenommen hat. Die Themen Biodiversität und Transparenz lassen ebenfalls einige Fragen offen. Wachstum und Wettbewerb dominieren die politische Agenda, während Energieeffizienz und Erneuerbare Energie relative ambitionslos in der Wartschleife verharren. Der Importabhängigkeit von fossilen Brennstoffen kann nur mit einer geeigneten Gegenstrategie begegnet werden. Immerhin sind erste Bemühungen für die Zeit nach 2030 erkennbar. Das Emissionshandelssystem sorgt einmal mehr für Schlagzeilen, der große Wurf ist leider nicht erkennbar. Vergleichsweise wenig Fortschritt ist auch im Bereich Transparenz erkennbar, Stagnation dominiert die Agenda.
Rüffel für GAP und Budget
Der erhoffte Kurswechsel in der gemeinsamen Agrarpolitik ist nicht erfolgt. Förderungen erreichen selten das Ziel, Cross-Compliance und Direktzahlungen mutieren zum Schlag ins Wasser. Die Befürchtungen des EEB sind berechtigt, die große Reform entpuppt sich zusehends als Sorgenkind, es fehlt an Logik und Effizienz. Die Investitionen gehen überwiegend in die falsche Richtung, 77 % der Europäer können der Agrarpolitik in der heutigen Form nur wenig abgewinnen. Die Tatsache, dass ausgerechnet das Europäische Parlament und der Rat ein erkennbares Interesse an einer grundlegenden Reform der GAP vermissen lassen, sollte zu denken geben. Die aktuellen Positionen sind nicht geeignet, mittelfristig irgendwelche Fortschritte zu erzielen. Speziell der Rat ziert sich elegant um Punkte wie Direktzahlungen und Wasserrichtlinie und führt zudem Richtlinien im Sinne der Nachhaltigkeit gekonnt ad absurdum. Eine der nächsten Schritte des Rats wird wohl sein, das ohnehin wackelige Mehrsäulenmodell komplett zu kippen. Der Vorteil: Einer kompletten Neukonzeption der ohnehin unausgegorenen Agrarstrategie steht dann nichts mehr im Weg. Was Green Budget betrifft, so rücken Teilerfolge in greifbare Nähe, obwohl es Irland nicht geschafft hat, die vergleichsweise geringe Summe von zusätzlich 2 Billionen Euro für Natur und Artenvielfalt zu verankern, LIFE muss sparen. Die neuen Mitgliedstaaten werden, so jedenfalls sieht es die Kommission, nicht zu kurz kommen.
Neue Benchmarks für Litauen
Das Follow-up von Rio +20 zählt ebenso zu den Kernaufgaben Litauens wie die bevorstehenden Klimaverhandlungen in Warschau, um die Ziele 2050 realisieren zu können. Die EU darf die Vorreiterrolle in der Klimafrage keinesfalls abgeben, es steht zu viel am Spiel. Die Beschlüsse des Rats sollen in das Semester einfließen. Umwelt und Ressourcen gelten als neue Komponente im Fiskalsystem, im Gegenzug soll Arbeit steuerlich entlastet werden. Klimaschädlicher Biosprit steht ebenso am Prüfstand wie die ohnehin umstrittene ILUC-Argumentation, die erstmals auch Erneuerbare Energien ins Visier nimmt. Ob beim ETS was zu holen ist sei dahingestellt, bislang hat es nur Ungemach und Aufwand verursacht. Energieeffizienz und ein geeignetes Framework für Erneuerbare Energieträger sollen an Verbindlichkeit gewinnen. Was Fracking betrifft: Seitens des EEB ist eine klare Absage vorgesehen, welche angesichts unzähliger Studien zu diesem Thema ohne weiteres durchsetzbar scheint.
Eine Basis für internationale Standards
Das Handelsabkommen zwischen Kanada, USA und der EU ist aus Sicht des EEB eine einmalige Gelegenheit, auch Umweltbelange einhellig zu harmonisieren. Umweltpolitik muss mehr als bisher die außenpolitischen Belange der EU erobern. Das gilt auch für die Aufbauarbeit in Entwicklungsregionen, Nachhaltigkeit hat Vorrang. Das aktuelle Framework für chemische Giftstoffe entspricht noch lange nicht den Vorstellungen des Umweltbüros, bis zum kompletten Nanoregister wird es wohl noch dauern. Die Baltische See verdient etwas mehr Aufmerksamkeit als bisher, eine neue Strategie ist angebracht wie überhaupt Artenvielfalt einen neuen Stellenwert erfordert. Nachhaltige Entwicklung braucht Innovation, die ambitionierten Ziele für die Zukunft ein solides Framework und Verbindlichkeit. 2020 rückt unaufhaltsam näher, die noch sehr vagen Ziele für 2030 müssen an Kontur und Schärfe gewinnen, um die in vielen Belangen erforderliche Weichenstellung einzuleiten.
Da die Ratspräsidentschaft Litauens wirtschaftliche Aspekte in den Vordergrund stellt, sind die vorerst dumpfen Befürchtungen des EEB berechtigt. Der Countdown läuft.