Donnerstag, 21. November 2024
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Schulden-Europameisterschaft: Keine Medaille für Österreich

Achtung, bitte anschnallen, denn bei solchen Zahlen wird einem leicht schwummerlich: Laut aktueller Studie des McKinsey Global Institute (MGI) beträgt die weltweite Verschuldung bereits sagenhafte 199 Billionen Dollar – das sind um 57 Billionen mehr als vor der Finanzkrise.

Allein die Regierungen haben die Staatsschulden um 25 Billionen Dollar erhöht. Auffällig daran ist, dass die Entwicklungsländer für fast die Hälfte aller neuen Schulden stehen, und dass lediglich die Konsumenten in manchen Industrienationen auf Sparsamkeit gesetzt haben – darunter in den USA, Großbritannien, Irland, Spanien und Deutschland. Weniger Schulden als vor acht Jahren haben nur wenige Länder, darunter Israel, Saudi Arabien, Argentinien und Rumänien. Alles in allem wurde jedoch der Sucht nach geborgtem Geld, wie es die Studienautoren formulieren, „gerade in den schwierigeren Jahren ungehemmt freier Lauf gelassen“ – also keine Rede davon, dass die Volkswirtschaften nach der Krise die Schulden gezielt abbauen wollten.

Die Kredite der Unternehmen – nunmehr  56 Billionen – und der privaten Haushalte – derzeit 40 Billionen – sind in einem geradezu gespenstischen Ausmaß gestiegen – und zwar in fast allen Ländern, vor allem in Irland und in Griechenland. Abgesehen von den klassischen Schuldenmachern sind neue Akteure besonders aufgefallen: In China etwa haben sich die Verbindlichkeiten seit 2007 auf 28 Billionen Dollar vervierfacht. Sie entsprechen damit 282 Prozent des chinesischen Bruttoinlandsprodukts, was noch höher ist als der US-amerikanische Vergleichswert (269 Prozent). Am schlimmsten sieht es in Japan aus, wo die Schulden vier Mal so hoch sind wie die jährliche Wirtschaftskraft des Inselreichs. Auch die übrigen Staaten, die einen Top 10-Platz in negativer Hinsicht belegen, geben Anlass zur Sorge: Irland, Portugal, Spanien und Griechenland, die klassischen Problemstaaten der EU, aber auch Belgien, die Niederlande, Dänemark und Schweden müssen höhere BIP-Prozentsätze – nämlich zwischen 390 und 290 – verkraften. Johann Nestroy, der allerdings nicht unbedingt ein begnadeter Nationalökonom gewesen ist, würde das einfach so kommentieren: De Wöd steht auf kan Fall mehr lang, lang, lang, lang, lang, lang – de Wöd… usw.

Aber keine Panik: Die Welt wird schon noch eine Weile stehen, weil sich‘s – wie alle längst erkannt haben – auch bei extrem zunehmenden Schuldenbergen dennoch prächtig leben lässt. Aber wie steht‘s in diesem monströsen Schulden-Karussell konkret um Österreich? Die gesamtstaatliche Schuldenquote der rot-weiß-roten Republik in den grellroten Zahlen beträgt laut McKinsey-Studie 225 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Damit rangiert sie im weltweiten Ranking auf Platz 19, nur um eine Spur besser als die USA, Südkorea und Ungarn.  Die Relation Schulden : BIP sieht jedenfalls in vielen anderen Ländern eindeutig besser aus – nicht nur in China, Australien und Deutschland, sondern auch in der Slowakei, Polen, Tschechien oder Rumänien.

Staatsschulden im EU-Vergleich

Aber lassen wir die nackten Fakten sprechen: Die Verschuldung der Republik Österreich – also des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Sozialversicherungsträger – beträgt per 10. Februar insgesamt 286,26 Milliarden Euro. Damit entfallen auf jeden Staatsbürger mehr als 30.000 Euro. Der staatliche Schuldenberg, der seit 2007 um mehr als 100 Milliarden Euro gewachsen ist, entspricht rund 87 Prozent unseres BIP.  Österreich steht damit im EU-Vergleich nicht wirklich gut da:

In absoluten Zahlen rangiert das Alpenland nach den Spitzenreitern Deutschland, Italien und Großbritannien, sowie nach Frankreich, Spanien, den Niederlanden, Belgien und Griechenland an der neunten Stelle. Die Griechen haben lediglich 30 Milliarden Euro mehr Schulden als Österreich. Nach uns folgen in diesem Ranking Portugal, Irland, Polen, Schweden, Finnland und Dänemark. Ziemlich gut hingegen machen sich Zypern, dessen Schulden nicht einmal ein Zehntel der österreichischen betragen, Bulgarien, Malta und die drei baltischen Republiken – Estland ist mit 1,9 Milliarden Euro das Musterland schlechthin.

Bei der Pro-Kopf-Verschuldung liegen Irland, Belgien und Italien an der EU-Spitze. Bereits auf Rang vier folgt überraschender Weise laut „Schuldenuhren“ auf www.haushaltssteuerung.de Österreich – noch vor den krisengebeutelten Franzosen und den pleitebedrohten Griechen. Eine Top 10-Platzierung ist obendrein dem Vereinigten Königreich, Deutschland, den Niederlanden, sowie Spanien sicher. Im Mittelfeld behaupten sich die Krisenländer Portugal und Zypern. Recht passabel sieht der Status quo inLitauen, Lettland, Rumänien und Estland aus. Und mit der geringsten Pro-Kopf-Verschuldung – nur knapp mehr als 1.000 Euro – kann Bulgarien aufwarten.

Griechenland liegt in jener Rangliste unangefochten voran, in der es um die Relation Staatsschulden zur Wirtschaftskraft geht: Die Schulden der Hellenen betragen rund 175 Prozent des BIP. Mit Werten um die 130 Prozent folgen Italien und Portugal. Auf den Plätzen vier  bis sechs liegen Irland, Belgien und Zypern – alle kommen auf mehr als 100 Prozent. Österreich ist mit 87 Prozent auch in diesem Ranking – so wie Frankreich, Spanien und Großbritannien – ein Top 10-Platz sicher. Und damit befindet sich das Land in einer heikleren Situation als etwa Ungarn und Deutschland. Ungleich erfreulicher schneiden diesbezüglich die besten fünf EU-Staaten ab, nämlich Rumänien, Lettland, Bulgarien, Luxemburg und – mit nur 10 Prozent vom BIP – Estland als Primus.

Als Draufgabe noch ein kleines, wenn auch durchaus Schock verbreitendes Zahlen-Experiment: Während der staatliche Schuldenstand in Frankreich, Spanien und Italien PRO SEKUNDE um 2.810 bzw. 2.287 bzw. 2.242 Euro ansteigt, sind es in Österreich immerhin noch 755 Euro. Und damit ungleich mehr als etwa in den Niederlanden (415 €), Finnland (282 €) oder Portugal (124 €). Nur in wenigen Fällen nehmen die Schulden sogar sekündlich ab: In Deutschland gleich um 383 Euro, in Griechenland um 69 Euro, in Zypern um 17 Euro und in Estland um 17 Cent.

Beim Budgetdefizit in Relation zur Wirtschaftsleistung bekleidet Österreich schließlich Platz 15 – deutlich hinter Kroatien, Spanien und Großbritannien, die mit mehr als fünf Prozent vom BIP in negativer Hinsicht Spitze sind. In Portugal, Frankreich, Bulgarien, Irland oder Zypern leisten sich die dortigen Regierungen ebenfalls höhere Haushaltsabgänge als das nicht gerade als sparsam verschrieene Trio Faymann, Mitterlehner & Schelling. Hingegen erweisen sich diesbezüglich Estland, Lettland und Litauen als ziemlich tough – in diesen Ländern ist der Haushalt noch einigermaßen unter Kontrolle. Griechenland mit einem Überschuss (!) von 0,33 Prozent des BIP, Deutschland mit 0,19 Prozent und Luxemburg mit  0,14 Prozent sind jedoch die lobenswerten Musterschüler schlechthin.

Kaum Grund für Optimismus

Sorry, dass es derzeit für Österreich auch sonst keine positiven Nachrichten gibt, die sich von der Regierung gut verkaufen ließen: Die EU-Kommission prophezeit dem Land nämlich in ihrer aktuellen Winterprognose lediglich ein mattes Wirtschaftswachstum von 0,8 Prozent (2015) bzw. 1,5 Prozent (2016). Das ist deutlich geringer als die Werte für die EU-28 – 1,7 bzw. 2,1 Prozent – , und schwächer auch als die Erwartungen für die Eurozone – 1,3 bzw. 1,9 Prozent. Auf noch schlechtere Aussichten als die Österreicher müssen sich derzeit nur Finnland, Bulgarien, Italien, Zypern und Kroatien gefasst machen. Die übrigen Mitgliedsländer können teilweise so wie Irland, Malta, Polen und Litauen  auf jeweils mehr als drei Prozent jährliches Wachstum hoffen; in Lettland, Rumänien, Großbritannien, der Slowakei, Tschechien und erfreulicher Weise auch in Griechenland könnten heuer und im kommenden Jahr stets deutlich mehr als 2,5 Prozent Plus möglich sein.

Laut den Auguren der EU-Kommission wird die Inflation in Österreich heuer mit 1,1 Prozent die höchste in der Eurozone sein, 2016 könnte sie sogar wieder auf 2,2 Prozent emporschnellen – erste Plätze, die wenig Grund für Euphorie bieten. Im Vergleich dazu ist für die Eurozone im laufenden Jahr Deflation angesagt, die Verbraucherpreise sollen also um 0,1 Prozent sinken. Für das kommende Jahr wird eine Inflationsrate von 1,3 Prozent erwartet – erneut deutlich weniger als in Österreich.

Die vorausgesagte Arbeitslosenrate 2015 und 2016 wird die rot/schwarze Koalition – wie gewohnt – noch am ehesten freuen: Mit 5,2 Prozent heuer und fünf Prozent im nächsten Jahr kommt Österreich auf den nach Deutschland zweitniedrigsten EU-Wert. Der Nimbus des Musterschülers ist jedoch flöten gegangen, und Faymann & Co. können uns wohl nicht mehr länger weismachen, dass Österreich vergleichsweise doch super dastehe. Im Jänner hat die Arbeitslosenquote nämlich ein Rekordniveau erreicht: Gemäß nationaler Berechnung beträgt sie schon 10,5 Prozent – in Zahlen: 472.539 Menschen ohne Job. Im Vergleich zum Jänner 2014 bedeutet das – ohne Schulungsteilnehmer – einen Zuwachs von 9,8 Prozent. Der Horror ist also beträchtlich – schlimmer war die Lage am Arbeitsmarkt zuletzt in den Fünfzigerjahren!

Quelle: www.haushaltssteuerung.de
 

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