Obwohl man die fälschliche Gehaltsdiskriminierung von Frauen genauso wie den vom Rechnungshof behaupteten 14%-Reallohnverlust bei Arbeitern mit wenigen Minuten Recherche als Schwindel entzaubert hätte, weigern sich Österreichs Medien, aktiv nachzuforschen. Warum?
In kaum einem OECD-Land werden mehr Falsch-Informationen publiziert als in Österreich. Da behaupten die „Business and Professional Women“, Frauen würden für den gleichen Job um 24% weniger kriegen als Männer – und alle großen Medien springen auf den Zug und krächzen wütend: „Diskriminierung!“
„Verzweifelte Hausfrauen“ flunkern
Aber kein einziger von Tausenden Journalisten macht sich die Mühe, den entsprechenden Einkommensbericht des Rechnungshofes selber zu lesen. Dort findet sich nämlich schlicht und ergreifend nichts, was auf die geringeren Lohnchancen weiblicher Köchinnen und Elektrikerinnen hindeuten würde.
Um zu ihrer Aussage zu kommen, zählten die („eher“ links orientierten) Sozialwissenschaftler des Rechnungshofes einfach nur alle Arbeiterverdienste Österreichs zusammen – egal, um welche Art von Arbeiter es sich dabei handelte – und dividierten dann durch die Anzahl der Beschäftigungsverhältnisse. Und weil Männer vor allem technische Handwerksberufe in der hochbezahlten Industrie gewählt hatten, Frauen aber vor allem einfache Dienstleistungsberufe in unrentablen Kleinbetrieben, waren die Frauen-Löhne um 30% niedriger[1].
Gleiches Gehalt – bei gleicher Ausbildung
Im Endeffekt beschwerte man sich, dass Maschinenbauer mehr verdienen als Kunstgeschichtler und Telematiker mehr als Frisöre. Dabei verdienen weibliche Maschinenführerinnen gleich viel wie männliche. Leider entscheiden sich für den Beruf des Maschinenführers (wahrscheinlich aus evolutionären/genetischen Gründen) aber nur 1% Frauen, bei den Frisören sind es hingegen 90%.
„Der Equal Pay Day ist Käse!“, meint auch Gehaltsexperte Conrad Pramböck in der „Presse“[2], „Frauen und Männer würden im gleichen Job gleich viel verdienen“.
Egal, ob im ORF oder einer Tageszeitung – niemand hatte kritisch recherchiert. Die falschen Aussagen wurden ungeprüft übernommen, die Gesellschaft falsch informiert.
Realeinkommen: Wie aus -14% +14% werden
Dabei war man dem Rechnungshof schon beim behaupteten Arbeiter-Reallohnverlust von 14% (seit 1998) auf den Leim gegangen. Der Trick: Der Rechnungshof hatte die starke Zunahme der Teilzeitjobs ignoriert. Seit 1998 waren nämlich 600.000 Teilzeitstellen hinzugekommen und so verteilt sich die gesamte Lohnsumme heute auf 25% mehr Stellen. Hätte man aktiv bei alternativen Quellen (wie die des Wifo[3]) recherchiert, hätte man von einem Realzuwachs von 14% erfahren.
Natürlich hatte der Rechnungshof das mit den Teilzeitjobs im Kleingedruckten erwähnt – aber in den großen Überschriften nicht. Die naiven (oder gestressten ?) Medienleute schrieben einfach nur die großen Lettern ab und schürten damit des Volkes Wut – anstatt es zu besänftigen.
ORF: Armut steigt – obwohl sie sinkt
Obwohl die Armut in Österreich seit Jahren sinkt (außer im Zuwandererbereich), warnen Österreichs Mainstream-Medien regelmäßig vor der Erosion der Gesellschaft. Das durchsichtige Ziel: Die Mittelschicht soll verängstigt werden und links wählen. Dabei konnte man sich stets darauf verlassen, dass Journalisten brav mitschreien, den Armutsbericht (der von der SPÖ-besetzten Statistik Austria) aber nie persönlich lesen würden.
Deutschland: Stopp dem Armutsschwindel
Nach der Süddeutschen Zeitung protestiert nun auch das deutsche Nachrichtenmagazin Focus[4]: „Die Zahlentrickserei der Armutslobby glaubt nicht einmal mehr SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles!“ In Deutschland gilt eine vierköpfige Familie mit 3.300 Euro brutto (Österreich: 3.500 Euro) als armutsgefährdet. Im (Bayerischen) Rundfunk wird aus „armutsgefährdet dann schnell „arm“ – und die solcherart fehlinformierten Bürger glauben erschreckt, in ihrem Land gäbe es 12 Millionen Arme, die dem Hunger nahe wären.
Österreich trickst weiter
Hierzulande wechselt die Statistik Austria bei ihren Armutsstudien die Quellen ihrer Einkommensberechnung – ohne dass das jemand stutzig machen würde. Anstelle die Einkommen treffsicher per Fragebogen zu eruieren (da gab die Kellnerin neben ihren 1.300 netto noch die 700 Euro Trinkgeld an), greift man nun auf Finanzamt-Daten zurück. Hier scheinen die 700 Euro Trinkgeld nicht mehr auf, weil sie ja steuerfrei sind – die Einkommen sinken (zumindest am Papier), das Heer der Armen steigt (auch nur dort).
Österreichs Medien werden danach erst gar nicht forschen und werden es deshalb auch nicht erfahren – deren Leser aber leider auch nicht.
Zweiklassengesellschaft
Solch Fehlleistungen scheinen institutionalisiert. Vielen Journalisten fehlt schlicht das G`spür, was in der Arbeitswelt wahr ist und was geflunkert sein muss. Woher denn auch? Direkt nach dem Gymnasium studierte man geisteswissenschaftliche Fächer – und hat dann außerhalb der Medienlandschaft nie (in verantwortungsvoller Position) gearbeitet. So wird man zur leichten Beute für gut gemachte Propaganda.
Dazu kommt, dass viele Medienleute lange nicht in den Genuss des attraktiven Journalisten-Kollektivvertrages (mit 15 Gehältern) kommen – viele müssen sich bei ausbeuterischen (meist sehr linken) (Gratis-)Blättern verdingen. Und halten dies dann fälschlicherweise für den bereits im Gymnasium verteufelten Kapitalismus.
Landet man dann doch irgendwann einmal im Mainstream-Medium mit gutem Vertrag, verspürt man gegenüber sozialistischen Quellen plötzlich eine starke Beisshemmung – hat man diese doch als Retter vor dem persönlich erlebten „Kapitalismus“ in Erinnerung.
In Journalismus investieren
Österreichs Journalismus-Ausbildung braucht mehr Geld und völlig andere Strukturen. Es braucht – wie anderswo auch – „Journalismus-Schulen“ mit echten Wirtschaftswissenschaftler und einem neuen „Korps“-Geist für investigative und mutiges Forschen.
Und es braucht den Austro-Pulitzerpreis: Der soll künftig an die mutigste, und nicht die angepassteste Redaktion gehen.
[1] Bezog man auch Angestellte und Beamte mit ein, kam man auf durchschnittlich -24%
[2] Die Presse, 4.4.15, K1
[3] Lohnentwicklung und Lohnunterschiede in der Industrie seit 2000, Thomas Leoni, Wolfgang Pollan:, In: Monatsberichte wifo 10/2011
[4] Focus, 2.4.2015