Sonntag, 22. Dezember 2024
Startseite / Allgemein / Sinkende Insolvenzzahlen verheißen nachhaltigen Aufschwung

Sinkende Insolvenzzahlen verheißen nachhaltigen Aufschwung

Leider zeigt die Geschichte, dass dieser bislang sehr verlässliche Aufschwungs-Indikators bei Leitzinsen an der Null-Linie seine Gültigkeit verlieren kann.

[[image1]]Ginge es nach der historischen Erfahrung, dann würde die gute Nachricht zum Tage in der aktuellen Insolvenzstatistik liegen. So sanken die Firmenpleiten, die zuvor in Österreich lange auf hohem Niveau stagniert haben, laut Creditreform im ersten Quartal 2013 um 9,2 Prozent und die Privatinsolvenzen sogar um mehr als 10 Prozent, was den stärksten Rückgang seit zehn Jahren bedeutet.

Insolvenzen als verlässlicher Aufschwungs-Indikator

Immerhin steigt im Verlauf von Wirtschaftskrisen die Zahl der Insolvenzen in der Regel auch dann noch weiter an, wenn bereits wieder positive Wachstumszahlen erreicht werden. Historisch betrachtet erweist sich ein Aufschwung aber erst dann als nachhaltig, wenn auch ein deutlicher Rückgang der Pleitefälle verzeichnet wurde. Das ist weltweit in signifikantem Ausmaß zu beobachten und hat in Österreich seit dem 2. Weltkrieg den Beginn einer neuen zyklischen Aufschwungphase zu 100 Prozent verlässlich markiert.

Ob deshalb aber auch heute schon Entwarnung gegeben werden darf, ist allerdings zweifelhaft. So resultieren die aktuellen Verbesserungen laut Creditreform vor allem aus den Stärken von Industrie und Touristik, die besonders stark von internationalen Entwicklungen und insbesondere von der Lage in Deutschland abhängen, die sich vermutlich kaum von der österreichischen Insolvenzstatistik beeinflussen lassen.

Darüber hinaus wird diese Bilanz sicherlich auch von den weltweiten Niedrigzinsen beeinflusst, die in Österreich nun erstmals für drei Jahre in Folge zu negativen Realzinsen geführt haben. 2003, als es zuletzt zu einem derartigen Rückgang der Insolvenzen und anschließendem Aufschwung gekommen war, hatte die EZB noch darum gekämpft, zum Dollar wenigstens die Parität zu erreichen, und die Zinsen deshalb nicht unter zwei Prozent fallen lassen. Die USA und Japan sammelten zu jener Zeit bereits Erfahrungen mit Leitzinsen an der Null-Linie, wobei in dieser Zeit in Japan übrigens einer der wenigen Fälle beobachtet wurde, wo auf einen erheblichen Rückgang der Insolvenzen kein nachhaltiger Aufschwung gefolgt ist. In den USA hatte der lange Aufschwung hingegen neuerlich genau zu dem Zeitpunkt eingesetzt, zu dem sich die Insolvenzen normalisiert hatten, wobei der Unterschied vielleicht damit zusammenhängen könnte, dass Japan die Leitzinsen damals schon mehr als zehn Jahre auf Tiefstständen gehalten hatte, während die USA erst nach 2001 damit begannen.

Österreich als Ausnahme von der Regel?

Für Österreich als kleine, offene Volkswirtschaft gelten natürlich andere Regeln, doch kann nun wohl auch Österreich eine Ausnahme von der Insolvenz-Regel zugetraut werden. So wurde der Rückgang der Privatinsolvenzen besonders dadurch gefördert, dass die vorhandenen Vermögen oft nicht einmal mehr ausreichend waren, um die Verfahrenskosten zu decken.

Bei kaum einem Prozent Refinanzierungskosten wird es vielen Banken – was in Japan jahrelang in hohem Ausmaß der Fall wahr – zudem sinnvoll erscheinen, unsichere Forderungen lieber stehen zu lassen, als deren Uneinbringlichkeit zu riskieren. Um die Qualität ihrer Kreditportfolios nicht insgesamt zu sehr abrutschen zu lassen würden die Banken in diesem Fall bei Neuvergaben aber zu einiger Vorsicht gedrängt, wofür spricht, dass die Banken laut Österreichischer Nationalbank ihre Richtlinien für Unternehmenskredite im 1. Quartal zum vierten Mal in Folge verschärft haben, obwohl von dieser Seite ein weiterer Rückgang der Kreditnachfrage verzeichnet wurde. Das dürfte auch daran liegen, dass an der Wiener Börse in den letzten Jahren wesentlich mehr Unternehmensanleihen als Aktien emittiert wurden, wobei die Nettoemissionen der Unternehmen in den letzten beiden Jahren neun Milliarden Euro erreicht und die Bankeinlagen der Unternehmen um auf mehr als 50 Mrd. EUR erhöht haben.

Zweiteilung verschärft sich

Das deutet auf eine sich verschärfende Zweiteilung der unternehmerischen Befindlichkeiten hin, wobei auf der einen Seite besonders viele große Unternehmen ihre Investitionen seit Jahren zurückhalten und nun über erhebliche freie Guthaben verfügen. Auf der anderen Seite wird offenbar eine steigende Zahl an Unternehmen von den Banken am Leben gehalten, deren Erträge nur mit Mühe für die Zinsen auf die offenen Kredite ausreichen. Wäre nun der jüngste Einbruch im Kfz-Bereich symptomatisch für die industrielle Aktivität und insbesondere das wirtschaftliche Wohlergehen Deutschlands, dann würden gerade in den zuletzt starken Bereichen Tourismus und Industrie nun wohl eher schwere Zeiten bevorstehen, als der laut Insolvenzstatistik absehbare spürbare Aufschwung. Dann würde wohl bald auch die Geduld der Banken und insbesondere ihrer Regulatoren überfordern sein, was dann wohl rasch neue Pleiterekorde hervorrufen könnte, die die statistischen Zusammenhänge wieder ins Lot bringen würden.

 

Bild: Michael Staudinger/www.pixelio.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Das könnte Sie auch interessieren

Ziemlich arm geworden: die Ideologen der Armut

Immer mehr Menschen werden immer ärmer. Tausende Leitartikel, Sonntagspredigten und Politikererklärungen werden in ganz Europa auf diesen Satz und seine Konsequenzen aufgebaut. Meistens will man damit schlechtes Gewissen erwecken, damit man noch mehr Schulden machen, noch mehr Steuern erhöhen kann. Zum Nutzen der Sozialindustrie und der eigenen Klientel. Nur stimmt der eingangs stehende Satz nicht. Ganz und gar nicht.