Dienstag, 5. November 2024
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Spaltpilz Trump: Verlieren wir EU und Euro?

Der 45. Präsident der USA wird zur Bewährungsprobe für den blauen Kontinent. Vielleicht übersteht er es politisch, um seine Währung steht es aber schlecht.

Es war eine Revolution von unten. Und wie bei Revolten üblich, weiß das Establishment (noch immer) nicht wie ihm geschieht: Weite (und bei Leibe nicht nur weiße) Schichten fühlen sich heute von ihren Eliten unverstanden, bevormundet – und sogar verachtet.

Kapitalismus und Freihandel hatten in Asien zwar 700 Millionen Menschen aus bitterer Armut geholt – in Amerika aber 25 Millionen Industriejobs vernichtet. Und selbst in den verbliebenen US-Werken fühlen sich Angestellte nicht mehr sicher – denn ein Millionenheer junger Einwanderer drängt jährlich in das Land und giert nach guten Jobs.

 

Aufstand gegen „die da Oben“

Viele wählten Trump, weil er sich dem „Meinungsdiktat“ der Eliten („Political Correctness“) entgegenstellte. Weil er redete, „wie ihm der Schnabel gewachsen war“.

Damit verletzte er zwar viele Menschen, seine Anhängerschaft nahm ihm das aber nicht übel. Sie hatte ihn nie wortwörtlich genommen – dafür aber ernst. Beim Establishment war es umgekehrt: Sie hatten ihn wörtlich, aber nicht ernst genommen. Ein kolossaler Fehler.

Schält man aus den Schimpfkanonaden des Wahlkampfes nun Wesentliches heraus, so muss den Europäern angst und bange werden. Denn als erstes wird Trump die Zinsen erhöhen.

 

Zinsen steigen, Staaten straucheln

Trump hat die Nullzinspolitik (0,25% im Dollar) für staatlich gedrucktes Geld richtigerweise als Hauptursache der Finanzkrise identifiziert, den Vertrag mit Fed-Chefin Yellen wird er nicht verlängern[1].

Schon 2017 könnten die US-Zinsen auf 1 bis 1,5% steigen, mittelfristig bis auf 2,5%. Das hätte ganz massive Konsequenzen: Erdrutschartig würden sich Tausende Milliarden Dollar Anlagekapital aus den „Null-Prozent-Zins-Wüsten“ Europas auf den Weg ins „Zinsen-Paradies“ Amerika machen. Deren Anleihen wären ertragreicher als jene von „Italien, Spanien, Türkei und Co.“ – bei niedrigerem Risiko.

(Süd-)Europa müsste für seine Schulden mindestens ein, aber eher zwei Prozent mehr Zinsen anbieten, um Geld zurück zu locken (und seine Schulden zu refinanzieren[2]).

 

Pleite oder „Geld aus Germany“

Draghis Plan der staatlichen Geldflut wäre gescheitert. Zwar hätte man dann endlich Inflation (na toll), aber halb Europa könnte seine Schuldenberge nicht mehr bedienen.

Länder wie Deutschland oder Schweden stecken hohe Zinsen weg – sie haben ihre Staaten längst modernisiert. Bei Österreich wird das schon schwieriger. Für „Griechenland und Co“ unmöglich.

Sie wären zur Kürzung von Staatsausgaben oder gar Strukturreformen gezwungen. Weil das politisch unwahrscheinlich ist, wird man auf Hilfsgelder von Europa (und eigentlich: aus Deutschland) hoffen. Oder einen Euro-Austritt wollen.

 

Europas „Süden“ sagt Adieu´

2017 stehen in Europa Wahlen an, die Populisten an die Macht bringen könnten. Verständlich.

Es war die rigide Meinungskontrolle durch die Mainstream-Medien („Flüchtlinge“), welche einen historisch beängstigenden Keil zwischen Bürgertum und „Alt-Parteien“ getrieben hat.

Nur so ist es zu erklären, dass in England Brexit-Befürworter triumphieren, und in Italien die links-chaotische „5-Sterne-Bewegung“ Beppe Grillos vor dem Durchmarsch steht. Von Le Pen in Frankreich, Geert Wilders in Holland und Vaclav  Klaus in Tschechien (die allesamt den EU-Austritt wollen) und Podemos in Spanien (die zwar bleiben würden – aber nur mit deutschen Geldgeschenken), einmal ganz zu schweigen.

Den meisten ist gemeinsam, dass sie ihre alten Währungen zurückhaben wollen. Dann könnten sie scharf abwerten und erhielten ihre Wettbewerbsfähigkeit zurück, ohne Löhne kürzen zu müssen. Man würde Schuldenschnitte erzwingen und könnte weiterwursteln wie bisher.

Der Wahlsieg Trumps wirkt für diese Kräfte wie ein Super-Turbo.

 

Von Frankfurt nach Rom

All das würde den Euro (gegenüber dem Dollar) weiter schwächen. Ein verkleinertes Währungsgebiet würde seinen internationalen Rang als Reservewährung genauso schmälern wie seine politische Funktion als Dollar-Alternative.

Kehrt die Geldpolitik von Frankfurt einmal nach Rom, Paris und Prag zurück, sinkt der Einfluss „disziplinierter Regierungen“ (wie denen in Berlin, Riga oder Den Haag) auf das Gesamtkunstwerk Europa radikal. Vielleicht bis zur totalen Handlungsunfähigkeit.

 

Importflut aus Asien

Ungemach droht auch aus Asien. Der US-pazifische Handelspakt TPP ist so gut wie tot. Mit Trump wird es keine Zollfreiheit für japanische Autos geben, wenn dadurch 200.000 Jobs in japanischen US-Werken überflüssig werden. Auch NAFTA (das Zollfrei-Gebiet mit Kanada und Mexiko) wird storniert.

Mexikanische Exporte könnten mit (vergleichsweise niedrigen) 10 oder 15% Zoll belastet werden, US-Agrargüter aber dann ebenso. Das würde reichen, um die US-Grundstoffindustrie (wie Zement oder Papier) heimzubringen, täte der Preisführerschaft von US-Mais in Mexiko aber keinen Abbruch.

Auch Chinas Exporteuren drohen Zölle von 15% (45% waren es noch im Wahlkampf). Zwar droht US-Firmen in Land der aufgehenden Sonne dann ähnliches, doch stehen dessen USA-Exporte von 300 Milliarden Dollar umgekehrt nur 100 Milliarden gegenüber[3]

Chinas Konzerne wären gezwungen, mit radikalen Dumpingpreisen nach Europa auszuweichen, um nicht die Kernschmelze ihres politischen Systems erleben zu müssen. Das könnte die noch jungen Industrien Osteuropas arg bedrängen, Handelsstreitigkeiten wären programmiert.

 

Ukraine? Frag Europa!

Last but not least wird sich Trump dem alten Kontinent – nach den vielen persönlichen An- und Untergriffen seiner Eliten – besonders wenig verpflichtet fühlen. Das beginnt bei der Finanzierung von Weltbank und UNO (mit drei (!) Hauptquartieren, davon einem in Wien), und endet bei der NATO. Warum sollte Amerika mit der fünften und sechsten Flotte (und 50.000 Mann) Europas Ölversorgung teuer schützen – wenn es zum Dank als machthungriger Weltherrscher gescholten wird?

In militärischen Fragen (wie etwa der Grenz-Sicherung) ist Europa – heute wie gestern – so dynamisch wie ein Fisch in der Sandwüste. Trump wird Putins Eroberungsfeldzüge zu dem erklären, was sie sind: ein Problem Europas. Die Union hat der Ukraine Schutz vor Russland versprochen (im Gegenzug verzichtete Kiew auf Atomwaffen), nun starrt man dort verzweifelt auf Putins Soldateska.

Es bedurfte seinerzeit der Amerikaner, um die Serben aus dem Kosovo zu bomben, und es waren ebendiese, die den Krieg gegen den IS anführen. Nun wird man auf Uncle Sam vergeblich warten.

 

Wenn es Trump gelingt, vom Modus „Wahlkampf laut“ auf „Präsident leise“ umzuschalten, könnte er die Welt noch überraschen. Europa allerdings hat mehr zu fürchten denn zu hoffen.

Außer es entschließt sich, erwachsen zu werden und endlich einmal Leadership zu zeigen.

 



[1] Der Republikaner Alan Greenspan hatte gemeinsam mit Präsident Bill Clinton (Demokrat) ab etwa 1994 – und später mit George Bush (Republikaner) ab 2000 – die Zinsen für staatlich gedrucktes Geld bis zu einem Prozent im Jahr verringert. Hauskredite waren (inklusive Bankspanne von 1%) somit schon um 2% zu haben. Das machte es für Millionen Amerikaner lukrativ, mehrere Immobilien auf Pump anzuschaffen und zu vermieten – weil man damit 4% verdienen konnte, aber nur 2% Kosten hatte.

Wären die Zinsen bei 4% belassen worden, hätten Immobilienkredite (inklusive 1% Spanne) 5% gekostet – und hätten Immobilien-Spekulation ökonomisch sinnlos gemacht. Denn Kredite, die 5% Zinsen kosten, aber nur 4% Rendite bringen, machen keinen Sinn. 25 Millionen Immobilien wären wahrscheinlich nicht angeschafft worden, und hätten auch nicht an naive europäische Staats- und Landesbanken verhökert werden können.

[2] Westliche Länder zahlen einmal aufgenommene Schulden nicht zurück. Bsp.: Wenn Österreich 2016 2 Milliarden Euro neue Schulden aufnimmt durch die Ausgabe einer 7-jährigen Anleihe am 21.11.16 finanziert, dann bedeutet das nicht, dass die Anleihe am 21.11.2023 echt zurückbezahlt wird. Es wird einige Wochen vor dem besagten Termin eine neue Anleihe in Höhe von 2 Milliarden Euro (zum dann aktuellen Zinsniveau) aufgelegt, um mit dem Erlös die alte Anleihe am 21.11.23 tilgen zu können.

[3] „United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD): Online-Datenbank: UNCTADstat

EU – USA – China: Handelsbeziehungen – Export“, In: Bundeszentrale für politische Bildung, 2012, www.bpb.de

 

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