Angela Merkel will es wissen. Die deutsche Kanzlerin fliegt am 14. März nach Washington, um herauszufinden, wie Donald Trump wirklich tickt. Der neue Herr im Weißen Haus, der fleißig twittert und Dekrete unterzeichnet, doch für Außenpolitik nur wenig Zeit erübrigen kann, wird Merkel als sechsten Staatsbesuch empfangen – nach der britischen Premierministerin Teresa May, König Abdullah II von Jordanien und den Premierministern von Kanada, Israel und Japan, Justin Trudeau, Benjamin Netanyahu und Shinzo Abe.
Merkel sollte auf eines gefasst sein: Derzeit ist jedes Treffen mit Trump im Grunde genommen ein Lotteriespiel. Während sich der unberechenbare US-Präsident dem japanischen Premier gleich ein Wochenende lang gewidmet und mit ihm Golf gespielt hat, fertigte er Israels Ministerpräsident in einer Stunde ab. Bei der abschließenden Pressekonferenz wirkte Netanyahu ziemlich entnervt, womöglich weil ihn der Gastgeber mit seinem Spitznamen „Bibi“ ansprach und sodann wie einen Schulbuben ermahnte, er müsse auch Kompromisse eingehen. Klar ist jedenfalls, dass die Außenpolitik für die neue US-Regierung nicht Priorität haben kann, weil noch gar keine strategischen Zielsetzungen erkennbar sind.
Trump führte seit seinem Amtsantritt etwa dreißig Telefonate mit ausländischen Präsidenten oder Premierministern (siehe Kasten unten), wobei das „Hello“-Sagen stets nach dem selben Ritual ablief, vom Austausch zahlreicher Floskeln geprägt war, jedoch jeglichen inhaltlichen Tiefgang vermissen ließ. Er lobte manche Länder – wie Indien – überschwänglich als „wahre Freunde und Partner“, äußerte ansonst in den meisten Fällen die Absicht, die ohnedies schon „ausgezeichneten bilateralen Beziehungen“ noch vertiefen zu wollen, und einige Gesprächspartner lud er – wie Argentiniens Präsident Macri – nach Washington ein. Freilich: Beim einstündigen Telefonat mit Vladimir Putin war Trump sachlich dermaßen überfordert, dass er kurz zwecks Nachhilfebedarf in Detailfragen unterbrechen musste; das Gespräch mit Australians Premierminister Malcolm Turnbull wiederum endete nach 25 Minuten mit einem Eklat – Trump legte wütend den Hörer auf.
Er kommt im Mai
An seiner Stelle musste Vizepräsident Mike Pence Mitte Februar zwecks Gesichtswäsche zu einer Sicherheits-Konferenz nach München und anschließend nach Brüssel jetten, um bei Blitztreffen außenpolitische Kontakte zu Key Playern herzustellen. Diese Ehre wurde, abgesehen von der deutschen Kanzlerin, etwa dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, dessen drei Kollegen in Baltikum, die Zores mit Russland befürchten, sowie Top-Politikern aus Afghanistan und dem Irak zuteil. Beim G 20-Außenminister-Treffen in Bonn wiederum feierte US-Außenminister Rex Tillerson Premiere, wobei seine Unterredung mit dem russischen Amtskollegen Sergey Lavrov keinerlei Aufschlüsse über die künftigen bilateralen Beziehungen zuließ. Der einstige Ölmanager muss sich obendrein mit Mexiko federführend befassen sowie das neuerdings ziemlich belastete Verhältnis der USA zur Volksrepublik ausloten, was für seine bevorstehende Asien-Reise geplant ist.
Während Trump im Weißen Haus praktisch täglich für teilweise wirre PR-Aktionen sorgt und unermüdlich vermeintliche Erfolge verkündet, lässt sich noch überhaupt nicht abschätzen, was die Welt von ihm zu erwarten hat. Bekannt ist lediglich, dass er die IS-Terroristen so rasch wie möglich ausschalten möchte, den Iran sowie Nordkorea hasst wie die Pest und das transpazifische Handelsabkommen TPP bereits genüsslich gekillt hat. Ob – und wenn ja wie – er Amerika auch außenpolitisch stark machen will, steht vorerst in den Sternen, vermutlich deshalb, weil er dazu noch keine besonders konkreten Vorstellungen parat hat. Angela Merkel wird vermutlich als erste Europäerin die Gelegenheit finden, um Trumps Positionen zur NATO oder zu Europäischen Union näher zu ergründen. Die Kernfrage wird sein, ob Trump jenem Kontinent, von dem seine Großeltern, seine Mutter und zwei seiner drei Ehefrauen abstammen, wirklich so distanziert gegenüber steht, wie es den Anschein hat.
Nach der üblichen 100-tägigen Schonfrist wird Präsident Trump seine One-Man-Show wohl oder übel auch im Ausland zelebrieren: Er hat bereits angekündigt, dass er im Mai zum G7-Meeting in Taormina zu kommen beabsichtigt, gleich darauf bei einem NATO-Treffen anwesend sein möchte und Anfang Juni am zweitägigen G20-Gipfel in Hamburg teilnehmen will. Bei seiner geplanten Visite in London spießt es sich freilich: Bislang haben mehr als zwei Millionen Briten eine Petition unterzeichnet, um einen Staatsempfang mit allen protokollarischen Finessen zu verhindern. Ein Rechtspopulist, der Muslimen die Einreise in die USA verweigern möchte, habe im Buckingham Palace einfach nichts verloren…
Trumps außenpolitische Kontakte
In dieser Doku finden Sie alle Staatsmänner, die der Trump-Administration bislang ein Telefonat oder ein Treffen Wert waren:
TELEFON-GESPRÄCHE von Präsident Donald TRUMP: 22.01.: Benjamin Netanyahu, Israels Premierminister 24.01.: Narendra Modi, Indiens Premier 28.01.: Vladimir Putin, Russlands Präsident 28.01.: Angela Merkel, Deutschlands Bundeskanzlerin 28.01.: Francois Hollande, Frankreichs Präsident 29.01.: König Salman bin Abd Al-Aziz Al Saud von Saudiarabien 28.01.: Malcolm Turnbull, Australiens Premierminister 29.01.: Hwang Kyo-Ahn, Südkoreas Präsident 29.01.: Scheich Muhammad bin Zayid Al Nuhayyan, Kronprinz von Abu Dhabi 04.02.: Paolo Gentiloni, Italiens Premierminister 04.02.: Petro Poroschenko, Präsident der Ukraine 05.02.: Jens Stoltenberg, NATO-Generalsekretär 05.02.: Bill English, Premierminister von Neuseeland 07.02.: Mariano Rajoy, Spaniens Premierminister 07.02.: Recep Tayyip Erdoğan, Präsident der Türkei 10.02.: Haider al-Abadi, Premier im Irak 10.02.: Scheich Tamim Bin Hamad Al-Thani, Emir von Qatar 12.02.: Pedro Pablo Kuczynski, Präsident von Peru 13.02.: Juan Manuel Santos, Präsident von Kolumbien 15.02.: Jacob Zuma, Präsident von Südafrika 15.02.: Muhammadu Buhari, Präsident von Nigeria, 16.02.: Mauricio Macri, Argentiniens Präsident 17.02.: Beji Caid Essebsi, Tunesiens Präsident 19.02.: Keith Rowley, Premier von Trinidad 19.02.: Juan Carlos Varela, Präsident von Panama 23.02.: Justin Trudeau, Kanadas Premier 06. 03.: Benjamin Netanyahu, Israels Premierminister 06.03.: Shinzo Abe, Japans Premier 06.03.: Hwang Kyo-Ahn, Südkoreas Präsident 07.03.: Uhuru Kenyatta, Kenias Präsident |
von Vizepräsident Mike PENCE: 26.01.: Julie Bishop, Australiens Außenministerin 10.02.: Juan Manuel Santos, Präsident von Kolumbien 10.02.: Mauricio Macri, Präsident von Argentinien 13.02.: Michel Temer, Brasiliens Präsident |
PERSÖNLICHE TREFFEN von Präsident Donald TRUMP mit 27.01.: Teresa May, Premierministerin Großbritanniens 02.02.: König Abdullah II von Jordanien 13.02.: Justin Trudeau, Kanadas Premier 16.02.: Benjamin Netanyaju, Israels Ministerpräsident 11.02.: Shinzo Abe, Japans Premierminister 14.03.: Angela Merkel, Deutschlands Kanzlerin |
von Vizepräsident Mike PENCE mit 30.01.: König Abdullah II von Jordanien 02.02.: Sigmar Gabriel, Deutschlands Außenminister 18.02. bei der Münchner Sicherheits-Konferenz: Angela Merkel, Deutschlands Kanzlerin Petro Poroschenko, Ukraine-Präsident Haider al-Abadi, Premierminister des Irak Ashraf Ghani, Afghanistans Präsident Binali Yildirim, Premierminister der Türkei Dalia Grybauskaite, Präsidentin von Litauen Raimonds Vejonis, Präsident von Lettland Kersti Kaljulaid, Präsident von Estland 19.02.: Charles Michel, Belgiens Premier 20.02.: EU-Ratspräsident Donald Tusk und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg 21.02.: Julie Bishop, Australiens Außenministerin |
Aktivitäten von Außenminister Rex TILLERSON: 07.02.: Telefonate mit den Außenministern von Japan, Fumio Kishida und Korea, Yun Byung-se 08.02.: Treffen mit Luis Videgaray, Mexikos Außenminister 15.-17.02.: beim G 20-Außenminister-Treffen in Bonn Gespräche mit den Außenministern von Großbritannien, Vereinigte Arabische Emirate, Saudiarabien, Oman sowie Sergey Lavrov, Russlands Außenminister 17.02.: Treffen mit Wang Yi, Außenminister der Volksrepublik China 22./23.03.: Treffen mit Mexikos Außenminister Luis Videgaray in Mexico City 28.02.: Yang Jiechi, Staatsrat für außenpolitische Fragen der Volksrepublik China 15.03.: diverse Treffen in Tokyo 17.03.: diverse Treffen in Seoul 18.03.: diverse Treffen in Beijing |