Dienstag, 3. Dezember 2024
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Verdienen Frauen wirklich um 26% weniger als Männer?

Das meinen jedenfalls die „Business and Professional Women“ („BPW“). Ihre einzige Quelle, den Einkommensbericht des Rechnungshofes, interpretieren sie dabei äußerst großzügig. Dabei resultiert die Lücke aus dem Umstand, dass Frauen „Beruf und Leben“ komplett anders begreifen als Männer.

[[image1]]Pädagogin vs. Erdöltechniker

Nach unzähligen Jahrzehnten und Kampagnen wählen Frauen heute unverändert vor allem „soziale“ (und schlecht bezahlte) Studienfächer, Männer eher „technische“ (und hoch entlohnte). So beträgt der Frauenanteil bei Philologinnen 76%, bei Wirtschaftsingenieuren 9%. Kunstgeschichte ist zu 88% weiblich, Maschinenbau zu 6%.

Selbst innerhalb einer Fachrichtung gehen Frauen andere Wege: Männliche Betriebswirte wollen eher an die „raue Front“, etwa in den Verkauf. Weibliche bevorzugen „ruhigeres“ Fahrwasser wie Marketing und PR. Damit aber auch schlechter bezahlte Positionen. Das gleiche an der Basis: Weibliche Facharbeiterinnen lernen Schneider oder Friseur (€ 1.200 Anfangslohn), Männer Mechaniker oder Schlosser (€ 2.000).

Weniger materiell?

Für die Frauen ist Geld bei der Berufswahl nur selten ausschlaggebend, stärker zählt das Wohlbefinden: So verdienen Männer als „Rechtsberater“ 1,7-mal so viel wie Frauen! Aber: Viele Rechtsberaterinnen arbeiten bei NGOs, haben besser bezahlte Stellen in der Privatwirtschaft für eine „sinnvollere Arbeit“ aufgegeben. Auch in die „normale“ (profitorientierte) Forschung drängen viermal mehr Männer als Frauen, im „Non Profit“-Bereich (wo es außer Glück nicht viel zu holen gibt) ist es gerade umgekehrt.

Männer haben auch kein Problem, in zugigen Produktionshallen zu roboten. Wo „produziert“ wird, ist die Wertschöpfung – und damit der Lohn – aber doppelt so hoch wie im Büro. Fragen Sie eine Frau, ob sie für 2.800 Euro im Monat schweißen oder für die Hälfte in einer geheizten Boutique Kleider verkaufen möchte.

Baby-Pause

Frauen sind nicht weniger ehrgeizig. Die „Business Women“ haben vor lauter Business nur „die Sache mit den Kindern“ übersehen. Viele Mütter freuen sich, neben Haushalt und Familie noch einen Teilzeitjob zu haben. Wenn er auch nicht die Top-Karriere verspricht, er garantiert Einkommen und soziale Kontakte.

In allen Bereichen arbeiten Männer länger als Frauen. Rechnet man den Jahreslohn auf die einzelne Stunde herunter, schmilzt die 26%-Lücke alleine hier auf 17,6%.

„Gläserne Decken?“

Laut Soziologen wären es sogenannte „Gläserne Decken“, welche ehrgeizige Frauen vom Aufstieg ins Top-Management abhalten würden. Darunter versteht man eine Mischung aus Männer-Vorurteilen und Männer-Seilschaften zulasten von Frauen. Die Wirklichkeit ist aber simpel: Zu Bauleitern oder Fertigungschefs werden nun einmal nur Ingenieure befördert. Gibt es Ingenieurinnen weder am Markt noch in der Firma, kommen eben Männer zum Zug.

Als Harald Schmidt am Weltfrauentag den Leiter seiner Big Band, Helmut Zerlett, fragte, ob er für die Frauenquote wäre, schoss es aus dem Mund: „Aber, natürlich!“ Niemandem war aufgefallen, dass in Zerletts Band keine einzige Frau zu sehen war. Oder, dass dort jemals eine gewesen wäre.

Lebensstile

Für Zukunftsforscher Matthias Horx kommen Frauen auch deshalb schwerer hinauf, weil sie dafür einen männlichen Lebensstil annehmen müssten: Viele Überstunden, Arbeit an Wochenenden. Für die Zukunft verweist er auf Schweden. Dort würde man Manager, die nach 17 Uhr noch in der Firma säßen, nicht bewundern, sondern besorgt fragen, warum sie ihre Familien vernachlässigten.

Die „Lücke“ ist konträren Lebensstilen geschuldet – für den Männer auch bezahlen: Sie leben um fünf Jahre kürzer als Frauen (Nonnen und Mönche hingegen werden gleich alt). Wer komplexe gesellschaftliche Entwicklungen aber im Vorbeigehen mit populistischen Komplott-Theorien erklärt, verdient es, um 26% weniger zu verdienen. Aber nicht weil „er“ eine Frau ist, sondern weil „er“ schlampig arbeitet.

 

Bild: Cornelia Menichelli / PIXELIO/©www.pixelio.de

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