Nach den Turbulenzen um den Rücktritt von Andreas Mölzer scheint man in der FPÖ den Traum von Platz eins aufgegeben zu haben. Der neue Spitzenkandidat, Harald Vilimsky, setzt voll auf Themen, die bei EU-kritisch eingestellten Bürgern gut ankommen.
[[image1]]Wie sehr haben die verbalen Entgleisungen des zurückgetretenen FPÖ-Spitzenkandidaten Andreas Mölzer Ihrer Partei geschadet?
Ich glaube, dass der Schritt von Andreas Mölzer, sich von der Kandidatur zurückzunehmen, Schaden von der FPÖ abgewendet hat. Ich bedaure, dass es so weit gekommen ist, aber in der Spitzenpolitik wird kaum ein Fehler verziehen.
Laut Meinungsforschern wird die Wahlbeteiligung lediglich 40 Prozent betragen, wobei EU-kritisch eingestellte Personen noch schwerer zu den Wahlurnen zu bringen sind. Mit welchen Themen wollen Sie dies schaffen?
Die Wahlbeteiligung ist ja bereits Ausdruck dessen, was die FPÖ den Menschen als Botschaft übermitteln will. Diese EU muss sich wieder zurücknehmen und den Nationalstaaten mehr Souveränität zugestehen. Nicht mehr EU, wie von ÖVP und SPÖ gefordert, sondern weit weniger Zentralismus wünschen sich die Menschen. Wir wollen dabei helfen, das möglich zu machen.
Aktuell liegt die FPÖ laut Umfragen auf Platz drei. Glauben Sie noch immer, als erster vor der ÖVP und der SPÖ durch das Ziel gehen zu können?
Grundsätzlich wollen wir Wahlen gewinnen und keine Umfragen. Natürlich wünschen wir uns bei der Europa-Wahl Erster zu werden, ob es uns gelingen wird, wird sich erst zeigen. Eine Verdoppelung unserer Mandate im Europa-Parlament ist hier schon wahrscheinlicher.
Wird es neben Plakaten mit Parteichef H. C. Strache auch Plakate mit Ihrem Konterfei geben, schließlich handelt es sich um eine EU-Wahl, für die Sie als Spitzenkandidat verantwortlich zeichnen?
Selbstverständlich, die gibt es ja schon. Wir haben bereits die Wahlkampagne vorgestellt und darin sind Plakate mit dem Bundesparteiobmann und auch von mir enthalten. Wir sind aber ein Team und eine Bewegung, deswegen würde es keinen Sinn machen nur mich zu plakatieren. Othmar Karas kann sich ja ruhig für seine ÖVP schämen und verzichtet möglicherweise deshalb auf Unterstützung seiner Partei. So etwas werden sie in der FPÖ nicht finden.
EU-Mitgliedsländer sollten wieder mehr Selbstbestimmungsrecht haben
Im Interview mit der EU-Infothek hat Andreas Mölzer gemeint, dass anstelle von noch mehr Zentralisierung Europa ein paar Schritte zurück machen sollte, vor den Vertrag von Maastricht. Sehen Sie das auch so?
Wie schon erwähnt, die Menschen sehnen sich nach mehr Heimat, mehr Österreich und sicher nicht nach noch mehr Überregulierung und Zentralismus aus Brüssel. Wir wollen den Weg eines Europa der Vaterländer gehen, in dem die Mitgliedsstaaten wieder mehr Selbstbestimmungsrecht haben und sich beispielsweise aussuchen können, ob sie Armutszuwanderung in ihr Sozialsystem zulassen wollen oder nicht.
Wen bevorzugen Sie als neuen Präsidenten der EU-Kommission und welche Erwartungen haben Sie an ihn?
Ich bevorzuge weder Jean-Claude Junker noch Martin Schulz. Sie stehen beide für ein Europa, dass wir verändern wollen. Sie sind die „Einzementierer“ der bestehenden Umverteilungspolitik unter den Staaten. Sie sind Repräsentanten jenes Systems, dass die Frage nach einer Alternative zum jetzigen Europa bereits als Hochverrat ansehen. Diese EU ist für beide alternativlos, deswegen benötigen wir für diese beiden Altpolitiker eine Alternative.
Kann eine Neutralität der Ukraine der Ausweg aus der derzeitigen schweren Krise des Landes sein?
Im Prinzip spricht nichts gegen eine neutrale Ukraine, allerdings mit einigen Zusatzpunkten, wie NATO-Freiheit und Autonomie für die russische Mehrheitsbevölkerung in der Ost- und Südukraine. Diese Punkte wären wohl die Voraussetzung dafür, dass Russland eine Neutralität der Ukraine akzeptieren würde.
Türkei eignet sich nicht, EU-Mitgliedsland zu werden
Wie stehen Sie zur geplanten Erweiterung der EU Richtung Balkan, kann die Türkei ein Beitrittskandidat sein?
Es kann noch eine Erweiterung um die Westbalkanstaaten geben, sofern die EU wirtschaftlich dazu in der Lage und auch willens ist, sich ein letztes Mal zu vergrößern. Dies gilt definitiv nicht für die Türkei. Nahezu täglich wird uns vor Augen geführt, dass sich die Türkei in keiner Weise eignet, Mitglied der Europäischen Union und damit auch einer abendländischen Wertegemeinschaft zu werden. Blutige Niederschlagung von Demonstrationen, Sperre von Twitter und Youtube sind Ausdruck einer Haltung, die mit den demokratischen Werten eines modernen Europa unvereinbar sind.
Ist aus Ihrer Sicht die massive Kritik am Freihandelsabkommen mit den USA, das neue Jobs in Europa schaffen soll, berechtigt?
Ja, diese Kritik ist mehr als berechtigt. Große Unterschiede zwischen den Handelspartnern gibt es etwa bei Zulassungsverfahren von Medikamenten oder bei Chemikalien für die Landwirtschaft. Hier gelten in Europa andere Normen als in den USA. Der Verlierer ist jedenfalls der Konsument in Europa. Wir fordern eine Volksabstimmung über das Abkommen.
Wurden aus dem Abhörskandal rund um den US-Geheimdienst NSA in Brüssel die richtigen Lehren gezogen?
Nein, leider nicht! Nach wie vor wird mit dem Argument gespielt, wir hätten ja doch nichts zu verbergen und im Grunde dient es ja der Sicherheit. Die USA sind ja unser Verbündeter und Freund. Freunde verhalten sich nicht so! Brüssel müsste viel mehr Druck machen, um die USA von diversen Praktiken abzuhalten. Dies wird nur an den verschiedenen Interessenslagen innerhalb Europas scheitern.
Wie können die gewaltigen Schuldenberge der europäischen Staaten verringert und die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Europa reduziert werden?
Staaten wie Griechenland oder auch Spanien muss die Möglichkeit gegeben werden, sich aus dem verordneten Zwangskorsett der EU-Auflagen zu befreien, die mit den Hilfsgeldern einhergegangen sind. Die Pensions- und Gehaltskürzungen sowie die angeordneten Entlassungen haben diese Situation ja mit verursacht.
Wie beurteilen Sie den von der Bundesregierung geforderten finanziellen Beitrag des Landes Kärnten zur Finanzierung des Hypo-Debakels?
Wieso sollen die Kärntner zahlen, wenn es eine völlig unverständliche Notverstaatlichung der Hypo sowie jahreslanges Zaudern der rot-schwarzen Regierung gegeben hat? Ginge es nach mir, müsste man schleunigst die Insolvenz-Variante prüfen. Dann kämen Banken und Spekulanten zum Handkuss.