Die Volksparteien, linke wie rechte, sind auf der Suche nach Antworten für die Zukunft. Sie wollen ihre alten Gewänder ablegen, sind sich aber höchst unsicher, was beim Wählerpublikum ankommt und einigermaßen Bestand hat. Die bayerische CSU gibt nun mit ihrem neuen Programm eine klare, deutliche Sprache vor: Wir sind die politische Mitte und geben den rechten Populisten keinen Raum.
Traditionsparteien auf Suche nach Orientierung
Quer durch Europa zieht sich ein Trend. Die klassischen Volksparteien, Christdemokraten wie Sozialdemokraten leiden unter permanentem Wählerschwund. Mit dem Effekt, dass zwangsläufig neue politische Bewegungen entstehen. Wie etwa die Protestpartei Cinque Stelle in Italien oder die rechtspopulistische AfD in Deutschland. Das Problem der so genannten Traditionsparteien (wie SPÖ und ÖVP in Österreich, CDU/CSU und SDP in Deutschland) ist es auch, dass sie sich dem Trend der Zeit unterworfen haben und von alten ideologischen Bindungen zu lösen versuchen. Mit dem Zusammenbruch des Systems des realen Sozialismus in Europa sind auch die marxistischen Vorfahren zu Recht in Ungnade verfallen. Die Sozialdemokraten sind auf der Suche nach Leitlinien. Die Krise der Kirche, die Säkularisierung der Gesellschaft veranlasste wiederum christlich-demokratische Parteien, sich zu liberal zu gebärden, das Bekenntnis zum „hohen C“ zu verramschen. Schlussendlich haben linke wie rechte Volksparteien an Profil verloren.
Bekenntnis zur europäischen Leitkultur
Die bayerische CSU hat sich entschlossen so etwas zu tun, wie die Segel gegen den Wind zu setzen. Und sie redet nicht lange herum, versucht nicht zu erklären, abzuschwächen oder gar zu entschuldigen, sondern nennt das Ziel ihrer Politik beim Namen. Genau genommen mit einem Wort: „Ordnung“. Und man bekennt sich auch unmissverständlich zu einer Leitkultur, deren Begriff vor Jahren zu heftigen Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit geführt hat, deren Kritiker darin eine Verengung der gesellschaftlichen Perspektive sahen. Diese Leitkultur wird aber nun einmal von den drei Grundpfeilern Europas bestimmt. Nämlich Jerusalem (Christentum), Athen (Demokratie) und Rom (Rechtswesen). Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Europa derzeit ein neues Zeitalter großer Veränderungen erlebt und diese Veränderungen die Menschen treffen.
Bürger wollen Antworten auf ihre Sorgen
Angesichts vieler einschneidender Veränderungen macht sich die Bevölkerung Sorgen und stellt sich ebenso viele Fragen: „Kann ich in Zukunft noch sicher Leben? Wird es meinen Job auch in den kommenden Jahren noch geben? Wird es unseren Kindern in Zukunft auch so gut gehen wie uns jetzt?“ Darauf verlangen die Menschen Antworten und es ist die Aufgabe verantwortungsbewusster Politiker und Parteien diese Antworten zu liefern. Nicht in dem Illusionen verfolgt werden (Stichwort „Veggie Day“) oder die Lösung im Erlassen von Verboten gesucht wird. Und erst recht ist es ein Unding, den Menschen Angst vor der Zukunft zu machen. Die Losung der CSU-Programmschreiber lautete daher schlichtweg: „In einer Zeit der Unsicherheit ist Bestimmtheit angesagt.“ Die Schwerpunkte lassen sich in drei Kapiteln zusammenfassen.
Gesellschaft verlangt nach klaren Spielregeln
1. Ordnung dient der Freiheit: In einer Zeit so tiefgreifender Veränderungen ist es notwendig, klare Spielregeln für eine offene Gesellschaft zu setzen. Die Orientierung in einer offenen Gesellschaft liefert dabei die Leitkultur. Sie ist der Maßstab des funktionierenden Zusammenlebens, schafft Identifikation und Zusammenhalt. Im CSU-Deutsch liest sich das so: „Unsere Leitkultur steht dafür, dass Bayern Bayern bleibt und Deutschland Deutschland. Wer auf der Seite der Freiheit stehe, der müsse Ja sagen zur Leitkultur.“ Dahinter steht nicht nur das Bekenntnis zur Geschichte, sondern auch zur Tradition, die man bewahren und nicht aufgeben will.
Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft
2. Ordnung dient der Gerechtigkeit und bedeutet, dass es gleiche Chancen für alle gibt und nicht, dass das umverteilt wird, was andere erarbeitet haben. Zur Gerechtigkeit gehört für die CSU daher das klare Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft. Aber diese Marktwirtschaft wird herausgefordert durch Entwicklungen wie Globalisierung und Digitalisierung. Deshalb gete es darum, neue Konzepte im Umgang mit diesen Trends und Veränderungen zu entwickeln. Zu einer fairen Wirtschaftsordnung gehört es, allen die Teilhabe am Wohlstand zu ermöglichen. Aufgabe der Politik ist es, dabei den richtigen Spagat zwischen dem Wünschbaren und dem Machbaren zu finden.
Sicherheit schafft starken Staat
3. Ordnung dient der Sicherheit. Der Wunsch in Sicherheit und Frieden leben zu können, sei der Grund dafür, dass sich Menschen zu Gemeinschaften zusammenschließen. Diese Sicherheit muss der Staat bieten. Damit diese Erwartung erfüllt werden kann, braucht es einen starken Staat. Aber zu einem starken Staat gehören nicht nur entsprechende Behörden und Sicherheitskräfte, sondern auch das Vertrauen der Bürger in diese Institutionen. Als ein Mittel, das Vertrauen in den Staat zu stärken, sieht die CSU auch die bessere Beteiligung der Bürger an Entscheidungen. Das neue Grundsatzprogramm enthält daher auch den Auftrag an die Partei, sich für Volksentscheide auf Bundesebene einzusetzen.