Nach dem „Steuerpaket 2016“ soll der Wirtschaft nun ein Relikt des 19. Jahrhunderts, die Maschinensteuer, den letzten Rest geben. Mit ihr soll Österreichs Staatsideologie, der Pensionismus, weiter ausgebaut werden.
Es war 1844, als Schlesiens Weber in einem Volksaufstand hunderte Textilmaschinen in den Fabriken der Kapitalisten zertrümmerten. In der Hoffnung, damit Jobs zu schaffen und Wohlstand zu gewinnen. Heute sind es die Vertreter von Gewerkschaft und Pensionisten-Verband, die solch alte Keulen wieder aus dem Keller holen.
Dallinger-Steuer, 1983
Die erste Maschinensteuer geht hierzulande auf den ehemaligen Sozialministers Dallinger (SPÖ) zurück. Wie die Weber vor 139 Jahren (und Karl Marx vor 115 Jahren), war sich der Sozialist ganz sicher, Maschinen wären nur Teufelszeug – und würden Jobs und Einkommen vernichten. Konsequenterweise sollten jene „moralisch fehlgeleiteten“ Betriebe, die in Innovation und Technik investierten, höhere Steuern zahlen, um vermeintliche Steuerausfälle zu kompensieren.
Das war so naiv gedacht, wie schnell widerlegt.
Nur wenige Jahre später hatten die Dampflokomotiven zwar kurzfristig zehntausenden Fuhrwerkern die Jobs gekostet. Weil sie den Transport von Gütern (und damit deren Preise) aber massiv verbilligten, und die Massenkaufkraft dadurch stieg, waren flugs neue Firmen und neue Jobs in anderen Sektoren entstanden.
Hundstorfer-Steuer, 2015
Alfred Hundstorfers Sympathien scheinen eher bei den Kutschern zu liegen. Seine „Wertschöpfungsabgabe“ will – statt nur die Arbeitskraft „hoch“, die gesamte Wertschöpfung „mittel“ besteuern.
Dadurch sollen die Lohnnebenkosten sinken, und mit ihnen die Kosten für Arbeitskräfte bzw. deren Produkte. Die Nachfrage stiege – und damit Produktion und Steueraufkommen.
Was ist Wertschöpfung?
Eigentlich alles, was Unternehmer (durch die Produktion von Gütern und Dienstleistungen) an Werten für eine Gesellschaft erzeugen. Die Tischlerei, die Holz für 5 (Millionen Euro) einkauft, um daraus Produkte im Wert von 100 Millionen herzustellen, hat für die Gesellschaft Werte in der Höhe von 95 Millionen neu geschaffen („100–5“).
Die Fabrik hat auch Jobs gebracht. Deren Personalkosten von – sagen wir – 25 Millionen stecken ebenfalls in den 95. Hundstorfer schlägt nun vor, Sozialversicherung und Lohnsteuer nicht hauptsächlich von den 25 zu berechnen – sondern von den ganzen 95.
Was geringere Durchschnittssätze zulassen würde: Weniger Steuern für personalintensive Branchen, aber mehr für die Anlagen-intensiven der Industrie.
Wirtschaftsmuseum, 1844
Klingt alles schlüssig. Ist es aber nicht. Denn erstens waren es die Gewerkschaften selber, die die Besteuerung der Lohnsummen nach dem Krieg vorantrieben. Zweitens werden die so gewonnen Steuern ausschließlich dafür verwendet, die Bezieher von Löhnen sozial abzusichern.
Und drittens würden sich die billigeren Arbeitskräfte zwar bei arbeitsintensiven Branchen wie Tourismus, Reinigung oder Einzelhandel positiv bemerkbar machen, die Technologie-orientierte Industrie käme wegen der höheren Steuerlast nun aber gewaltig unter die Räder. Sie würde aus Österreich flüchten, einzig der Niedriglohnsektor (inklusive Steuergeld-vernichtender NGOs) würde dann noch boomen.
Die 2.800 Euro-Facharbeiter der Autoindustrie würden durch 1.400 Euro-Hilfsarbeiter in „Burger-Buden“ ersetzt werden.
Maschinen für Jobs
Dass moderne Maschinen Jobs erzeugen statt sie zu vernichten, beweist der „Globale Wettbewerbsindex*“. Er misst, wie erfolgreich die Betriebe eines Landes mechanisiert wurden.
Das Ergebnis ist eindeutig: An vorderster Stelle steht die Heimat der megagroßen Pharma- und Lebensmittelkonzerne, die Schweiz. Ihre Arbeiter haben die höchsten (und nicht die niedrigsten) Löhne der Welt. Arbeitslosigkeit? Fast unbekannt. Pensionsantritt? Mit 66 Jahren**. Die Lebenserwartung? Mit über 82,3 Jahren liegen die Eidgenossen um satte 25 Plätze vor den schlappen Alpenländern***.
Auf den Plätzen 2, 3 und 4 des Wettbewerbsindex folgen die hochtechnisierten Ökonomien Singapurs, der USA und Deutschlands. Alle drei gelten sie in ihrer Region als Kraft- und Wohlstandszentren.
Am absteigenden Ast: Österreich auf Platz 23. Mit ebensolchen Indikatoren bei Innovation, Arbeitslosigkeit, Pensionsantritt (58,6) und Realeinkommen.
Hier war Innovations- rechtzeitig durch Gewerkschafts-Power ersetzt worden.
Geld für „Pensionismus“
1844 konnte man den verzweifelten und hungernden Menschen Preußens keinen Vorwurf machen. In ihrer Mehrzahl waren sie Analphabeten und frei jedweder Wirtschaftsbildung.
Dass das „Weber-Denken“ des 19. Jahrhunderts aber Österreichs Gewerkschafts- und Pensionisten-Bewegung des 21. Jahrhunderts inspiriert, ist bemerkenswert. Zumal die beiden schon in der Vergangenheit nichts unversucht ließen, um Österreichs Wirtschaft mit immer noch höheren Belastungen immer noch rücksichtsloser auszubeuten.
Mit dem einzigen Meta-Ziel, ihre Staatsideologie – den Pensionismus – zu finanzieren.
Pension statt Innovation
Der Pensionismus ist ideologisch zwischen Sozialismus und Altersheim einzuordnen. Mit der totalen Fixierung einer Gesellschaft auf einen möglichst frühen Rentenantritt und unverdient hohen Altersbezügen, schafft man die größte homogene Wählergruppe eines Landes. Und institutionalisiert damit den Wahlerfolg der „pensionistischen“ Staatspartei.
Statt wie im Westen zu Innovations-Schüben strebt Österreich lieber zu Pensionierungs-Wellen.
Dabei könnte man die Lohnnebenkosten so einfach reduzieren – wenn man nur die Staatsausgaben für´s Pensionssystem unter Kontrolle brächte.
Doch das ist so wahrscheinlich, wie Neos-Chef Strolz demnächst Bundeskanzler wird.
** Nachhaltigkeitsindex für Pensionssysteme, Allianz, 2014. EU Kommission 2012, OECD 2013
*** CIA World Factbook – Life expectancy at birth, 2013