Sonntag, 22. Dezember 2024
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Wie der Staat Mieten und Immo-Preise explodieren lässt

Bild © Creative Commons Pixabay (Ausschnitt)

Der alte Ökonomen-Streit blüht auf: Ist es die Nachfrage (durch Zuwanderung) oder das Angebot (durch staatliche Billig-Zinsen), das Mieten und Immobilienpreise auf Nachkriegsrekorde klettern lässt? Wie es weiter geht.

Wiens Gemeindebauten hatten schlimmeres verhindert: Um („nur“) 45% mussten die Wiener 2017 real mehr fürs Mieten ausgeben als noch 2003. Am freien Markt (ohne staatliche Subventionen) waren es gut und gerne 100% mehr. Im gleichen Ausmaß zogen die Preise für die eigenen vier Wände an[1].

Zuwanderung treibt Mieten

Mit den EU-Erweiterungs-Runden probierten immer mehr Osteuropäer ihr Glück in Wien, seit kurzem steigt die Zuwanderung vor allem aus dem arabischen Raum.

Überschwänglich feiert sich Wien als neue Einwanderungskapitale („Schon zweitgrößte deutschsprachige Stadt Europas!“[2]), fördert Zuwanderung durch Extra-Sozialleistungen (wie einer höheren Mindestsicherung) und millionenschwere Integrationsfonds.

In nur 20 Jahren zog die Donaumetropole 300.000 Menschen an, ein Plus von fast 20%[3]. Das ließ den Markt für Kleinwohnungen fast kollabieren, zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg wächst die durchschnittliche Wohnungsgröße nicht mehr signifikant[4].

Salzburg, Innsbruck besonders betroffen

Was vor 10 Jahren noch undenkbar schien, ist heute Fakt; 30m²-Garconnieren um 600 Euro warm, und Einfamilienhäuser (in mittleren Lagen) um 750.000 Euro. Besonders der bergige Westen leidet… unter seinen schönen Bergen. Denn eine wohlhabende „Alt-Bevölkerung“ ist immer weniger begeistert, wenn für Zuwanderer „die letzten Grünland-Reserven“ geopfert werden.

Zunehmend spucken Bürgerbewegungen den Stadtplanern in die Suppe, bekämpfen die Umwidmung von Wiesen und Feldern in Bauparzellen. So werden aus idyllischen Bergtälern mit ihrer natürlichen Begrenztheit (an Bauland) regelrechte Wohnpreisfallen.

Jung, alleine, glücklich

Dazu gesellt sich noch der Singleboom. Ob Pensionistin oder Vorstadt-Göre – immer mehr Bürger finden nichts dabei, dauerhaft allein zu leben. Und im Gegensatz zu den „Scheidungsopfern“ früherer Zeiten haben viele heute Geld und investieren in Neubau-Eigentum.

Segregation lässt Hauspreise explodieren

Bleibt die Frage: Wenn die Zuwanderung für steigende Kleinwohnungspreise verantwortlich ist – warum steigen die Kaufpreise dann auch für schicke Lofts und Einfamilienhäuser?

Das hat mit dem Phänomen der Segregation zu tun, es ist besonders in Amerika gut erforscht: Übersteigt (v.a. in Innenstädten und ehemaligen Arbeitervierteln) der Anteil der Zuwanderer (in den USA „Minorities“ genannt) eine kritische Größe, dann fühlt sich die angestammte (und meist gut verdienende) Bevölkerung weniger wohl und zieht ins Umland. Welches auf die Massen freilich nicht gewartet hat – und so gehen die Preise für Neubau-Eigentum gerade in den Speckgürteln der Hauptstädte durch die Decke.

Frankfurts[5] Geldschwemme treibt Preise

Als weiteres Zeichen, wie EU-Sozialpolitiker (in der staatlichen EZB[6]) die Spekulationsmaschine befeuern, demonstriert die Neuvergabe von Wohnbaukrediten. Alleine von 2009 bis 2017 explodierten in Österreich die Bank-Ausleihungen an Private von 600 Millionen Euro auf 1,5 Milliarden – eine satte Verdoppelung[7]!

Diametral entgegengesetzt dazu die Entwicklung der Zinskosten. Die auf Volldampf laufenden Gelddruck-Maschinen drittelten diese von 6% (2009) über 3% (2012) auf historische niedrige 1,8% p.a. (2017)[8].

Und jedes Kind erkennt: Niedrige Zinsen befeuern die Spekulation mit Wohnraum – wie schon zur Finanzkrise von 2007. Und 1929[9]. Und 1873…

Geht die Party weiter?

Hatte nicht Amerikas Finanzkrise ganz ähnlich begonnen – mit staatlichen Billigkrediten und Zuwanderungsboom?

Richtig. Und daraus lassen sich jetzt Schlüsse ziehen. Der Immobilienhype hatte Amerikas Inflationsrate auf über 4% getrieben. Irgendwann war der Staat gezwungen, die Zinsbremse zu ziehen. Aber FED-Chef [10]Alan Greenspan tat dies hastig und zu radikal, prügelte die Zinsen in nur zwei Jahren von 1% auf 5,25% hinauf[11]. Die Konsequenz: geschockte Märkte, zahlungsunfähige Spekulanten (mitsamt Banken) und eine kollabierende Bauwirtschaft.

Die Luft entströmte der Blase nicht – sie explodierte.

Gefälschte Inflationsrate

Das sollte in Europa nicht passieren. Denn erstens fälscht die EZB die Inflationsrate ganz elegant, indem etwa Österreich die Ausgaben für die Miete mit nur 4% (statt mindestens einem Viertel) vom Haushaltseinkommen gewichtet (das drückt die offizielle Inflation von ca. 5% auf unter 2%).

Und zweitens kann die EZB die Zinsen gar nicht ruckartig anheben (was eigentlich längst fällig wäre). Denn das würde auch die Staatsanleihen verteuern und Länder wie Italien und Griechenland in den sicheren Ruin treiben.

Wer hat also Recht? Die Anhänger der Nachfrageseite (Zuwanderung) oder die der Angebotsseite (Staat verbilligt Kredite und verführt zur Immo-Spekulation)?

Beide. Und deshalb geht die Party munter weiter.

Denn ein Großteil der Süd- und Osthalbkugel würde gerne nach Mitteleuropa übersiedeln, die Politik findet das im Allgemeinen auch ganz gut (weil sie von einem mächtigen Europa träumt) – und die staatliche Notenpresse ist gezwungen, das mit Billigzinsen zu unterstützen.

Also, auf Ihr Mutigen! Ab zur Bank und Immo-Angebote lesen!

_________________________________

[1] „OeNB-Immobilienmarktmonitor“, www.oenb.at, abgerufen am 12.5.2018

[2] „Wien zweitgrößte deutschsprachige Stadt“, www.wien.gv.at,

[3] „Bevölkerung zu Quartalsbeginn seit 2002 nach Bundesland“, www.statistik.at, abgerufen am 12.5.2018

[4] Vgl. „In die Enge getrieben“, www.zeit.de, 8.5.2017

[5] Die staatliche Zentralbank EZB hat ihren Sitz in Frankfurt

[6] EZB für Europäische Zentralbank; die „Mutter“ aller nationalen Zentralbank

[7] Factsheet Wohnimmobilienmarkt Mai 2018, ÖNB 2018

[8] ebenda

[9] Der „Schwarte Freitag“ war nur in den USA ein Aktienboom, im zerstörten Europa war es eine Immobilienblase

[10] FED für Federal Reserve Bank; die staatliche Zentralbank in den USA

[11] www.leitzinsen.info; Chart für US-Zinsen, abgerufen am 12.5.2018

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