Samstag, 23. November 2024
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Wie Trump die Globalisierung rückabwickelt

Mit der neuen „Border Adjustment Tax“ können US-Firmen Importe nicht mehr von der Steuer absetzen. Das würde die US-Industrie(-Löhne) enorm ankurbeln, auf Kosten von China und Europa.

Wäre die Idee der „B.A.T.“ von Globalisierungsgegnern wie Christian Felber (WU Wien) gekommen, der linke Mainstream hätte laut Applaus geklatscht. Dummerweise kommt der Vorschlag aber von der anderen Seite – was Europas Eliten die unerwartete Möglichkeit gibt, die Konsequenz geforderter Freihandels-Beschränkungen jetzt am eigenen Leibe zu erfahren.

Hohe US-Steuer mit 35%

Prinzipiell darf jeder Erdenbürger bei der Berechnung seiner Steuerlast – egal, ob als Privater oder Unternehmer – von seinem Einkommen (bzw. seinen Umsätzen) die dafür notwendigen Ausgaben abziehen [1].

Im angeführten Beispiel kann eine US-Firma aktuell vom Umsatz mit 100 Millionen Dollar Kosten von 90 Millionen abziehen. Bleiben 10 Millionen Gewinn. Bei einem Tarif von 35% sind 3,5 Millionen an den Fiskus abzuführen. 6,5 Mio. bleiben also über, um Schulden zu tilgen und Dividenden zu entnehmen [2].

Importfirmen droht Pleite

Dabei war es bisher egal, dass von den 90 Mio. Kosten nur 60 Millionen im US-Inland entstanden, und 30 Millionen als Vorprodukte aus dem Ausland kamen.

Führende Republikaner (etwa um Paul Ryan) wollen dies nun ändern. Künftig sollen die Ausgaben für importierte Vorprodukte nicht mehr abzugsfähig sein. Dies würde die Steuerbasis (siehe „B.A.T. I“) auf 40 Mio. Dollar explodieren lassen (100 – 60 Mio.).

Trotz eines niedrigeren Steuersatzes (von 20%) würde die Steuerlast auf 8 Mio. Dollar steigen.  Der Nettogewinn bräche dramatisch ein – um 70% auf nur mehr 2 Mio..

Nicht genug, um davon noch Kredite tilgen – oder gar investieren zu können.

Steuergeschenk für Patrioten

Es sei denn… man würde die ehemaligen Importe von 30 Mio. Dollar nun aus dem US-Inland beziehen („B.A.T. II“). Dann könnte man (wie früher) die vollen 90 Mio. von den Umsätzen abziehen. Von den 10 Mio. Gewinn müssten jetzt auch nur mehr 20% Steuern berappt werden, der Nettogewinn stiege auf 8 Mio..

America First

Kein Wunder, dass die US-Importwirtschaft um IKEA, Walmart, Nike und Gap gegen diese Pläne Sturm läuft [3]. Alleine Walmart importiert 49 Milliarden Dollar aus China. Die Handelsriesen argumentieren (zu Recht), dass die billigen Konsumgüter aus Asien die Kaufkraft der US-Haushalte in den letzten Jahrzehnten massiv gestärkt habe.

Vergessen allerdings zu erwähnen, dass alleine Walmart (als größter Einzelhändler der Welt), für den Verlust von 400.000 gut bezahlter Industriejobs an China verantwortlich zeichnet [4]. Dafür gibt es jetzt schlecht bezahlte Jobs in Shoppingcentern.

Die Konsequenz: Die Realeinkommen der (eher links eingestellten) US-Bildungseliten stiegen – während das untere, (eher „rechte“) Drittel schlichtweg abgehängt wurde.

Rausschmiss WTO?

Die B.A.T. stellt eine massive Benachteiligung exportorientierter Nationen (wie auch der EU) dar und würde von einem Schiedsgericht der Welthandelsorganisation WTO mit Sicherheit verurteilt werden. Was freilich ohne Konsequenzen bliebe.

Die B.A.T. würde andere Länder zwingen, mit ähnlichen Steuern die eigene Wirtschaft zu schützen. Am Ende könnte der Aufstieg Asiens genauso jäh abgebremst werden, wie das Wohlstandsmodell „Made in Germany“. Letzteres lenkt mit dem Export „perfekter Produkte der Old Economy“ (Autos, Maschinen) den Wohlstand fremder Länder in die deutsche Heimat um.

Linker Meinungsschwenk

Große Flexibilität bei den eigenen Argumenten legen gerade Europas grüne Eliten in Schulen, Unis und Medien an den Tag. Noch gestern hatten sie der Globalisierung Ressourcenverschwendung vorgeworfen. Etwa den US-Werken von BMW und Ford, die  ihre Motoren aus Europa (z.T. aus Österreich) beziehen, um sie mit geringer Wertschöpfung in den USA zusammenzuschrauben und nach Europa zurück zu verkaufen. Die vielen Hundert Millionen Globalisierungs-Jobs in Südostasien verunglimpften sie pauschal als ausbeuterisch und „kapitalistisch“.

Kommt die B.A.T., würden Jobs und Wohlstand in die USA heimkehren, der Welthandel mitsamt Containerverkehr dramatisch einbrechen (was den Energieverbrauch tatsächlich sinken lassen würde). Länder wie China könnten gefährlich destabilisiert werden.

Man wird gespannt sein, wie die „grünen Eliten“ die Lücke bei Jobs und Wohlstand in Asien auffüllen wollen – von ihren Vordenkern an der WU ist bislang nicht bekannt, dass sie signifikante Beschäftigungsimpulse in China verantwortet hätten.  Vielleicht wird mancher am Ende des Tages ja erkennen, dass Kapitalismus und Freihandel doch nicht so schlecht waren, wie in der grünen Folklore laut behauptet.



[1] Bei Unternehmen nennt man diese Kosten „Ausgaben“, bei Privatpersonen „Werbungskosten“ (beispielsweise kann der Angestellte die Kosten für einen berufsbezogenen WIFI-Kurs absetzen).

[2] Tatsächlich kommen zum aktuellen Tarif von 35% noch zwischen 4 und 6% Steuer hinzu, die an den entsprechenden Bundesstaat fließen. So bezahlen New Yorker Firmen 39,62%.

Quelle: „Die wichtigsten Steuern  im internationalen Vergleich 2015, Ausgabe 2016, BMF, Seite 20

[3] Die US-Einzelhandelsriesen haben sich in der sog. Retail Industry Leaders Association (RILA) zusammengeschlossen.

 

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