Im Augenblick herrscht (noch) Ruhe in der ÖVP. Aber spätestens in der Karwoche könnte eine neue Personaldiskussion hochkommen. Die jüngsten, hauseigenen Umfragedaten sollten nämlich die Alarmglocken klingeln lassen.
Bislang hat man die Geschichten, wonach die SPÖ ganz nahe an die FPÖ herangerückt sein soll, eher als eine Propagandamasche der Spin-Doctors von Bundeskanzler Christian Kern abgetan. Nun hat aber auch die Parteizentrale der ÖVP eine Umfrage vor sich liegen, die eine ähnliche Entwicklung sieht. Konkret ist davon die Rede, dass die Freiheitlichen auf 31 Prozent zurückgegangen und die Sozialdemokraten auf 29 Prozent herangerückt sind. Bei den übrigen Parteien ist dagegen kaum eine Bewegung bemerkbar. Die ÖVP stagniert bei mageren 20 Prozent, die Grünen müssen sich mit 13 Prozent abfinden und die Neos kämpfen mit ihren 5 Prozent darum, bei den nächsten Wahlen doch noch die Stimmenhürde zu schaffen.
Seit Jahresbeginn geht’s mit der SPÖ bergauf
Man kann es daher drehen und wenden wie man will, es gibt offenbar doch einen gewissen Kerneffekt. Allerdings erst seit Jahresbeginn, als dem Bundeskanzler mit dem Präsentation des „Plans A“ eine Mobilisierung gelang und er vor allem das Team um Vizekanzler Reinhold Mitterlehner gehörig unter Druck setzte. Inzwischen poliert der SPÖ-Chef auch fleißig an seinem außenpolitischen Image. So nützte er gleich den ersten Auslandsbesuch von Bundespräsident Alexander van der Bellen in Brüssel und Straßburg, um auch sich selbst in Szene zu setzen.
Krone-Artikel stiftete Verwirrung
Mit besonderem Interesse verfolgten die politischen Insider am Wochenende eine Meldung im Boulevardblatt „Kronenzeitung“, die von einer spontanen Regierungsumbildung sowie einer Ablöse von Innenministers Wolfgang Sobotka wissen wollte. Sofort dementierten beide Parteizentralen diese Gerüchte und auch schon am nächsten Tag war keine Spur mehr davon zu finden, dass daran etwas wahr sein könnte. Tatsächlich aber hatte man vor allem wieder einmal die ÖVP irritiert. Und mit Sobotka zudem einen Politiker ins Visier genommen, der neben Klubobmann Reinhold Lopatka zur Kern-Truppe von Sebastian Kurz gehört. Und ihm sehen die Sozialdemokraten den eigentlichen Gegner für die Zukunft.
Alles wartet auf Mikl-Leitner und Stelzer
Als maßgeblichen Grund für die Ruhe vor dem Sturm wird vor allem die Tatsache gesehen, dass innerhalb der Volkspartei in den nächsten knapp zwei Monaten in zwei gewichtigen Bundesländern, nämlich Nieder- und Oberösterreich, ein Generationenwechsel stattfindet. Und niemand wagt derzeit so richtig einzuschätzen, welche Kurskorrekturen Johanna Mikl-Leitner und Thomas Stelzer vornehmen könnten, welche Einstellungen und Meinung sie zur Bundespolitik vertreten. Stelzer gehörte jedenfalls zu den Baumeistern der ÖVP-FPÖ-Koalition im Lande ob der Enns. Und Mikl-Leitner dürfte sicher aus ihrer Regierungszeit noch ein paar offene Rechnungen zu begleichen haben.
Wem nützt der Regierungsrelaunch?
Allein vom Zeithorizont passt die Karwoche gut in ein Konzept, dass man dann sehr ernsthafte Überlegungen anstellt, wie es mit dieser Regierung und mit der Volkspartei ab Herbst weitergehen soll. Bis dahin wird sich vor allem zeigen, wie der so genannte Relaunch des Regierungsprogrammes in der Öffentlichkeit ankommt und wer davon am meisten profiziert. Einmal mehr wird dabei vor allem das Integrations- und Sicherheitspaket in den Vordergrund der Diskussionen rücken. Während die Volkspartei da ein scharfen Kurs fährt, haben die Sozialdemokraten mit dem Problem zu kämpfen, dass zwischen den Pragmatikern (dazu gehören vor allem die Gewerkschafter) und dem linken Flügel erhebliche Differenzen bestehen, die zum Teil beinahe Spaltungscharakter annehmen.
Die Wechselwähler beherrschen die Szene
Diese sind auch nicht unwesentlich eine Ursache für das Erscheinungsbild der SPÖ in den Ländern. Derzeit ist die Partei nur im Burgenland und Kärnten einigermaßen gut aufgestellt. In allem anderen Landesteilen sieht es ziemlich trist aus. Das gilt insbesondere auch für Wien, wo es mittlerweile tägliche Grabenkämpfe zwischen den tatsächlich verfeindeten Lagern gibt. Ähnlich wie für die ÖVP Niederösterreich jenes Bundesland ist, wo die politische Stimmung entscheidend ist, in welche Richtung das bundespolitische Pendel ausschlägt, ebenso ist dies bei der SPÖ mit Wien der Fall. Eine Dauerkrise in der Bundeshauptstadt ist daher auch der größte Klotz am Bein, will Kern in lichte Höhen aufsteigen. Tatsächlich haben wir es insgesamt mit einer sehr mobilen Wählerschaft zu tun. Man unterscheidet zwischen dem Stimmverhalten bei Gemeinde-, Landtags- und erst recht Bundeswahlen. Der Wechselwähler und nicht der Stimmwähler ist mehr das begehrte Objekt.